Zustimmung bröckeltKann die FDP diesmal ihre Basis vom Klimaschutz überzeugen?
Von Gil Bieler
25.5.2023
Der Rückhalt zum Klimaschutzgesetz bröckelt laut einer Umfrage – wie schon beim CO2-Gesetz ist die FDP-Basis gespalten. Das freut die SVP, die für ein Nein kämpft. Doch auch FDP-Ständerat Ruedi Noser erkennt darin Positives.
Von Gil Bieler
25.05.2023, 08:00
25.05.2023, 10:03
Gil Bieler
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Rund einen Monat vor dem Abstimmungstermin verliert das Klimaschutzgesetz an Rückhalt. Das zeigt eine neue Umfrage.
Besonders gespalten ist die FDP-Basis, wo sich keine Mehrheit für das Gesetz ausspricht. Obwohl die Partei für ein Ja wirbt.
FDP-Ständerat Ruedi Noser ist überzeugt, dass am Ende auch innerhalb der FDP das Ja-Lager überwiegt.
SVP-Nationalrat Michael Graber, der die Nein-Kampagne leitet, glaubt an einen Sieg des Nein-Lagers – aber erwartet einen knappen Ausgang.
Die Gegner*innen des Klimaschutzgesetzes holen auf: Laut einer neuen Umfrage des Tamedia-Verlags sagen zwar noch 54 Prozent der Befragten «Ja» oder «Eher Ja» zu der Vorlage. Das sind aber 3 Prozent weniger als Ende April. Einen Monat vor dem Abstimmungstermin bröckelt der Rückhalt in der Bevölkerung, urteilen die Studienautoren.
Das weckt Erinnerungen an den Sommer 2021. Damals lief der Abstimmungskampf um das CO2-Gesetz, das am Ende überraschend versenkt wurde. Zwar kann man Abstimmungskämpfe nicht 1:1 vergleichen. Doch es bestehen zumindest einige Parallelen.
Das beginnt bei der Positionierung der Parteien. Die SVP stellt (und stellte) sich als Einzige gegen die beiden Gesetzesvorlagen. Alle anderen Parteien, von SP bis zu FDP, kämpfen vereint für ein Ja.
Ähnlich war auch die Entwicklung, was den Rückhalt für das CO2-Gesetz in der Bevölkerung angeht.
Rückblende aufs Jahr 2021: Damals startete das Ja-Lager in einer Umfrage mit 54 Prozent, doch der Vorsprung zerfiel. Einen Monat vor dem Urnengang sagten noch genau 50 Prozent Ja. Worin dieser Trend mündete, ist bekannt: Das Volk versenkte das CO2-Gesetz mit 51,6 Prozent Nein-Stimmen. Die SVP triumphierte über alle anderen Parteien.
Besonders für die FDP war dies eine Niederlage, hatte sie sich doch als erste Partei hinter das CO2-Gesetz gestellt. Trotzdem warfen aber laut Nachwahlbefragung nur 37 Prozent der FDP-Anhägerschaft ein Ja in die Urne. Und gemäss Tamedia-Umfrage ist es auch jetzt beim Klimaschutzgesetz die FDP-Basis, die besonders gespalten ist.
Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser nimmt die Resultate der Tamedia-Befragung zur Kenntnis, will sie aber nicht überbewerten. Er verweist auf eine SRG-Umfrage von Mitte Mai, die noch Zustimmungswerte von 72 Prozent ergeben hatte. Und dennoch: «Der SVP ist es mit ihrer Lügenkampagne offenbar gelungen, Verunsicherung zu stiften», sagt er auf Anfrage von blue News.
«Der SVP ist es mit ihrer Lügenkampagne gelungen, Verunsicherung zu stiften.»
Ruedi Noser
Zürcher Ständerat, FDP
«Es muss uns gelingen, den Inhalt des Gesetzes zu erklären», sagt Noser. Denn gerade Wähler*innen aus dem bürgerlichen Lager würden anhand von Informationen entscheiden, nicht aufgrund von Inseraten – er meint damit Flyer mit irreführenden Behauptungen des Komitees «Rettung Werkplatz Schweiz». Am Ende könnte die Tamedia-Umfrage sogar ihr Gutes haben: «Das wird nochmals viele Menschen mobilisieren», glaubt Noser.
Die Vorgaben im Klimaschutzgesetz nennt Noser «minimal invasiv». Es werde mit Anreizen gearbeitet statt mit Verboten, zudem erhielten Hausbesitzer*innen Finanzhilfe beim Ersatz alter Heizungen. «Wenn wir nach dem CO2-Gesetz auch noch dieses Klimaschutzgesetz ablehnen, weiss ich auch nicht mehr, wie ein mehrheitsfähiges Gesetz aussehen könnte.»
Für Noser ist klar: «Die Schweiz müsste dann konsequenterweise aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten, und das ist nicht im Interesse der Bevölkerung.»
Der Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber, der die Nein-Kampagne der Partei leitet, nimmt die Tamedia-Umfrage erfreut zur Kenntnis. Er sagt zu blue News: «Ich bin zuversichtlich, dass wir gewinnen. Aber ich erwarte einen knappen Ausgang.»
Besonders erfreut zeigt sich Graber darüber, dass eine relative Mehrheit der FDP-Basis Nein sagt: 49 Prozent sind gegen das Klimaschutzgesetz, nur 46 Prozent sind dafür, der Rest ist noch unentschieden. «Das ist für mich die positivste Erkenntnis der Befragung: Dass die freiheitlichen Kräfte in der FDP überwiegen. Jene Stimmen, die sich gegen Subventionen für Massnahmen stellen, die wenig bringen – ausser unser aller Leben zu verteuern.»
«Ruedi Noser ist kaum repräsentativ für einen durchschnittlichen FDP-Wähler.»
Michael Graber
Walliser SVP-Nationalrat
Liegt FDP-Ständerat Noser also falsch mit seiner Einschätzung, wie die liberale Basis tickt? «Ruedi Noser ist kaum repräsentativ für einen durchschnittlichen FDP-Wähler», glaubt Graber, und verweist auf dessen Engagement im Initiativkomitee der Gletscherinitiative.
Wobei: Das Votum an der Delegiertenversammlung der FDP fiel Anfang Mai deutlich aus: 363 Ja- überwogen 51 Nein-Stimmen.
Für Graber ist klar: «Wir sind in der Schweiz in Sachen Klimaschutz vorbildlich unterwegs, ganz ohne Gesetz.» Es würden mehr Wärmepumpen eingebaut und Elektroautos verkauft denn je. «Diese Entwicklung läuft, ganz ohne Stromfresser-Gesetz.»
Bundesrat Rösti: «Der Ersatz von Elektroheizungen ist für mich ein zentraler Punkt des Klimagesetzes»
Umweltminister Albert Rösti hat an einer Medienkonferenz die Argumente von Bundesrat und Parlament für ein Ja zum Klimaschutz-Gesetz dargelegt.