Drohender Energie-Engpass «Wir brauchen keine Heizungspolizei»

Von Lia Pescatore, Bern

2.6.2022

Drohender Energie-Engpass: «Wir brauchen keine Heizungspolizei»

Drohender Energie-Engpass: «Wir brauchen keine Heizungspolizei»

Die SP will der Bevölkerung im Falle eines Gas-Engpasses verbieten, über 20 Grad zu heizen. Bei Energie-Politikern der anderen Parteien findet der Vorschlag kaum Anklang.

02.06.2022

Die SP will der Bevölkerung im Falle eines Gas-Engpasses verbieten, über 20 Grad zu heizen. Bei Energie-Politikern der anderen Parteien findet der Vorschlag kaum Anklang.

Von Lia Pescatore, Bern

Der Krieg in der Ukraine befeuert die unsichere Energiesituation in der Schweiz im Winter, zum Beispiel durch das geplante EU-Embargo von russischem Gas. 40 Prozent des Erdgases bezog die Schweiz letztes Jahr aus Russland. Und Erdgas spielt gerade im Winter eine wichtige Rolle: Der Grossteil des Gasverbrauchs fällt auf die kalte Jahreszeit. 

Der Bundesrat will darum vorsorgen: Die Branche soll eine physische Reserve von rund einem Sechstel des Schweizer Erdgasverbrauchs in den Nachbarländern anlegen und Optionen für zusätzliche Gaslieferungen zu sichern.

Der SP reicht das nicht: Es brauche Vorkehrungen, um den Gasverbrauch im Falle von Versorgungsschwierigkeiten zu reduzieren, stellt die SP in einem am Donnerstag publizierten Positionspapier fest.

Als eine mögliche Massnahme schlägt die Partei vor, dass im Falle eines Engpasses Räume im Winter nur auf maximal 20 Grad Celsius geheizt werden dürften.

«Pro einem Grad können wir eine enorme Einsparung machen an Strom, aber auch an Gas und Heizöl», erklärt SP-Nationalrätin Martina Munz, die in der Energiekommission sitzt. Alle könnten mithelfen, Unternehmen, Schulen, aber auch Privathaushalte.

Jauslin: «Das Sparpotenzial ist nach wie vor sehr gross»

Als Leiter eines Elektroinstallationsbetriebes sieht Matthias Jauslin (FDP/AG) in der Praxis, wie viel bei Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen gespart werden könnte. «Das Sparpotenzial ist nach wie vor sehr gross.» Besonders bei öffentlichen Gebäuden und grossen Wohnüberbauungen müsste man ansetzen. «Ein Technikraum oder Lagerraum in einem Schulhaus, der kaum mal betreten wird, muss nicht 25 Grad warm sein.»

Von Vorschriften im persönlichen Wohnraum hält er aber nichts, «solche sind meiner Meinung nach nicht durchsetzbar». Die hohen Preise setzten vielmehr automatisch Anreize in der Bevölkerung, ihre Immobilien zu sanieren oder optimaler zu nutzen. «Wer Sanierungen auf die lange Bank geschoben hat, wird nun von der Realität eingeholt.»

«Wir brauchen keine Heizungspolizei», sagt auch Kommissionsvizepräsident Christian Imark (SVP/SO). Der Nationalrat sieht vielmehr die Linken in der Schuld, dass man überhaupt über Energierationierungen diskutieren müsse. Jetzt müsse sichergestellt werden, dass man in Zukunft mehr bezahlbare Energie habe.

Girod: «Es ist sinnvoll, dass wir uns auf einen Engpass vorbereiten»

Bastien Girod (Grüne/ZH) sieht eine Lösung, um die Reserven für den Winter zu erhöhen, und zwar bei der Wasserkraft: Der Grüne fordert, dass anstelle der vom Bundesrat reservierten fünf Prozent 25 Prozent zurückgestellt würden. «Für das Parlament ist es zu spät, der Bundesrat muss nun handeln.»

Energie beim Heizen versuchen zu sparen, erachtet er als sinnvoll. Doch sollte dies in Form einer Sensibilierungskampagne erfolgen. «Es ist sinnvoll, dass wir uns auf einen Engpass vorbereiten.» Für generelle Vorschriften zur Innentemperatur fehlten jedoch die Akzeptanz und die nötige gesetzliche Grundlage.