Label auf dem Prüfstand «Züri-Eier» kommen auch aus Solothurn und dem Thurgau

smi

22.6.2024

Die Züri-Eier stammen nicht unbedingt aus dem Kanton Zürich. Sie kosten aber in jedem Fall mehr.
Die Züri-Eier stammen nicht unbedingt aus dem Kanton Zürich. Sie kosten aber in jedem Fall mehr.
Coop

Migros, Coop und Lidl verkaufen Lebensmittel, die von traditionellen Familienbetrieben in der Region stammen sollen. Stichproben zeigen: Zur Region Zürich gehören auch Zug, Solothurn und Thurgau.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eier, Gemüse und verarbeitete Lebensmittel, die Migros, Coop und Lidl als aus der Region stammend verkaufen, haben mitunter eine längere Reise hinter sich: Manche kommen aus den Kantonen Solothurn, Thurgau und Graubünden.
  • Dass die Produkte in traditionellen Familienbetrieben hergestellt werden, stimmt ebenfalls nicht immer. Auch Ware von einem Grossbetrieb kommen unter den regionalen Labels in den Verkauf.
  • Coop, Lidl und Migros verkaufen als regional gelabelte Produkte zwischen 10 und 230 Prozent teurer.
  • Die Hersteller erhalten aber in den meisten Fällen den gleichen Preis für ihre Ware oder nur unwesentlich mehr.

«Züri-Eier» aus dem Thurgau oder Zug? Gibts bei Coop. Gemüse «von traditionellem Familienbetrieb», der aber zu den grössten Produzenten der Schweiz gehört, findet sich in der Migros. 

Die Labels «Aus der Region für die Region» (Migros) und «Miini Region» (Coop) versprechen Produkte aus der Umgebung und von Kleinbetrieben. Dafür soll die Kundschaft dann auch etwas tiefer in die Tasche greifen. Oder auch sehr viel tiefer.

Eine Stichprobe von «Ktipp» zeigt: Die Labels halten nicht immer, was sie versprechen. 

Teure «Züribieter-Eier»

Die «Züri-Eier» von Coop stammen auch mal aus den Kantonen Zug und Solothurn. Die Produzenten wissen nicht einmal, dass ihre Eier in einem anderen Kanton von Coop als regional verkauft werden. Sie übergeben sie einem Zwischenhändler und erhalten den gleichen Preis – unabhängig vom Label, unter dem sie verkauft werden.

Coop verlangt für sechs Züri-Bio-Eier 5.95 Franken, 65 Rappen oder 12 Prozent mehr. Lidl schlägt 10 Prozent auf die «Züribieter» IP-Eier.

Immerhin bezahlt Migros den Produzenten von regionalen Eiern etwas mehr. Einer von ihnen sagt zu «Ktipp», er erhalte 0.7 Rappen mehr pro Ei. Daraus wird im Laden ein Zuschlag von 20 Rappen pro Stück. Zehn «Züribieter-Eier» kosten gemäss Ktipp 6.30 Franken, gegenüber 4.30 Franken ohne regionales Label. Ein Plus von 45 Prozent. 

Zürcher Käse und Milch sind weit gereist

Noch grösser sind die Zuschläge bei verarbeiteten Produkten. Bei Coop gibt es Weissmehl mit der Aufschrift «Stadtmühle Zürich» für 2.30 Franken das Kilogramm. Weissmehl der Billig-Linie «Prix Garantie» kostet 1 Franken das Kilo.

Beide wurden aus der Coop gehörenden Mühle im Zürcher Kreis 5 aus Schweizer Weizen gemahlen. Jener für das «Stadtmühle»-Mehl stamme aber tatsächlich aus der Region Zürich und verursache durch die separate Lagerung Zussatzkosten.

Migros verkauft Schweizer Cherry-Tomaten für 79 Rappen pro 100 Gramm, jene mit dem «Aus der Region für die Region»-Label aber für 1.50 Franken (+89 Prozent). 

Grosszügig bemessen ist auch die Region, die zu Zürich gehören soll. Ein Rahmkäse, der in Zürich bei Coop unter «Miini Region» im Angebot liegt, ist ein Bündner Rahmkäse, der in Rüdtlingen BE verarbeitet worden ist. Zur Region Zürich zählt Coop auch das Entlebuch im Kanton Luzern. Die Napf-Bergmilch stammt aus dem gleichnamigen Gebiet an der Grenze der Kantone Bern und Luzern, wird aber in Hergiswil im Kanton Nidwalden verarbeitet, wie «Ktipp» herausgefunden hat.

Gründe für Preisaufschläge

Wie begründen die Grossverteiler ihre Preisaufschläge, wenn die Produzenten nicht mehr für ihre Güter erhalten? Die Migros führt laut «Ktipp» «Zertifizierungsvorschriften» und «Aufwendungen für Spezialitäten und kleinere Mengen» an. Die regionalen Tomaten und Erdbeeren seien zudem von einer anderen Qualität. 

Coop gibt abgesehen vom «Stadtmühle»-Mehl keine Gründe für die höheren Preise der regionalen Produkte an. Lidl argumentiert mit der geringeren verkauften Menge, welche die «Züribieter» Eier teurer machten.

Klar ist hingegen: Die Kundschaft ist bereit, höhere Preise für regionale Produkte zu bezahlen. 1.8 Milliarden Franken haben sie laut dem Verein Schweizer Regionalprodukte 2023 dafür ausgegeben. 13 Prozent mehr als im Jahr davor.