Deutschland Deutschland: Geldstrafe für Totspritzen eines 104-Jährigen

Von Frank Christiansen, dpa

15.2.2018

In Düsseldorf (D) muss sich eine Frau wegen des Todes eines 104-Jährigen vor Gericht verantworten. Eine zweite Angeklagte war kurz vor Prozessbeginn verschwunden.
In Düsseldorf (D) muss sich eine Frau wegen des Todes eines 104-Jährigen vor Gericht verantworten. Eine zweite Angeklagte war kurz vor Prozessbeginn verschwunden.
Frank Christiansen/dpa

Ein schwer kranker 104-Jähriger stirbt an einer Überdosis Schmerzmittel. Seine beiden Pflegerinnen werden wegen Mordes angeklagt - und müssen am Ende doch nicht ins Gefängnis.

Der 104-Jährige war schwer krank und wollte sterben. Von seinem Sohn hatte er sich bereits verabschiedet und danach im Düsseldorfer Pflegeheim einen Suizidversuch unternommen. Seinem Arzt zufolge lag er bereits im Sterben, als seinen Pflegerinnen einen Tag später ein folgenschweres Missgeschick widerfuhr. Sie spritzten dem 104-Jährigen eine Überdosis eines starken Schmerzmittels.

Der Hochbetagte schlief ein und wachte nicht mehr auf - so, wie er es sich gewünscht hatte. Doch eine der Pflegerinnen plagten Gewissensbisse und sie meldete die Überdosis. Die Ermittlungen kamen ins Rollen, die Einäscherung wurde gestoppt und die Leiche obduziert. Monate später flatterte beiden Frauen eine Mordanklage ins Haus.

Mord durch Unterlassen

Weil sie keine Hilfe geholt hätten, als sie ihren Fehler bemerkten, sei dieses Verhalten nach der Fehldosierung Mord durch Unterlassen gewesen.

Zwar milderte das Gericht die Anklage und damit das Damoklesschwert lebenslanger Haft noch in versuchten Totschlag ab, doch kurz vor dem Urteil war die ältere der beiden Angeklagten verschwunden. Ihr Arbeitgeber meldete sie als vermisst, Polizisten drangen in ihre Wohnung in Kaarst bei Düsseldorf ein, fanden die 51-Jährige am Mittwoch aber nicht. Ihr Anwalt konnte sich das nicht erklären.

Und so wurde seine Mandantin in Abwesenheit wegen fahrlässiger Tötung zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt. Ihre jüngere Kollegin kam mit einer Verwarnung davon. Das Gericht stellte bei ihr die Geldstrafe in gleicher Höhe unter Vorbehalt - wenn sie die Bewährungszeit straffrei übersteht, ist der Betrag erlassen. Sichtlich erleichtert verliess sie den Gerichtssaal.

«Meiner Mandantin ist ein Fehler unterlaufen»

Die Frauen hätten nur am Ende einer Kette von Fehlern gestanden, begonnen mit einer unglücklichen Verordnung des behandelnden Arztes und alleingelassen von der Heimleitung, schilderte Richter Rainer Drees in der Urteilsbegründung. Dass sie ihren Fehler tatsächlich bemerkten und den 104-Jährigen bewusst sterben liessen, sei im Prozess nicht festgestellt worden.

Ein Verteidiger hatte beteuert, seine Mandantin sei noch lange nach der Injektion von der Richtigkeit der Dosis ausgegangen. Der 104-Jährige habe zunächst friedlich geschlafen und ruhig geatmet.

Mit der Strafe blieb das Gericht deutlich unter der vom Staatsanwalt beantragten Bewährungsstrafe von jeweils eineinhalb Jahren Haft für beide Frauen. Eine Pflegerin habe der anderen die falsche Dosis genannt und diese habe sie ohne Nachkontrolle verabreicht, sagte Staatsanwalt Matthias Ridder. Das Leben des lebensmüden Opfers sei möglicherweise nur um Stunden oder Tage verkürzt worden.

«Meiner Mandantin ist ein Fehler unterlaufen», sagte der Verteidiger der verschwundenen 51 Jahre alten Angeklagten. Eine Geldstrafe sei zur Bestrafung dieses Fehlers aber ausreichend. Es seien fünf Ampullen des Medikaments für fünf Tage geliefert worden und die Verordnung des Arztes sei nicht klar gewesen. Der Verteidiger der 35-jährigen Pflegerin hatte einen Freispruch beantragt.

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