Frankreich «Momo-Challenge»: Internetspiel treibt 14-Jährigen in den Suizid

tsch

7.11.2018

Das Gruselgesicht, das Teilnehmer der gefährlichen Internet-Challenge «Momo» in Angst versetzt, gehört eigentlich zu einer Skulptur des Horroreffekt-Künstlers Keisuke Aisawa.
Das Gruselgesicht, das Teilnehmer der gefährlichen Internet-Challenge «Momo» in Angst versetzt, gehört eigentlich zu einer Skulptur des Horroreffekt-Künstlers Keisuke Aisawa.
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Nachdem sich sein Sohn im Zuge eines gefährlichen Internetspiels das Leben genommen hat, verklagt ein Franzose nun WhatsApp, YouTube und den französischen Staat.

Es begann mit Kettenbriefen via WhatsApp: Mehrere Nutzer in verschiedenen Ländern erhielten im Sommer bedrohliche Kettenbriefe, versandt von einem unbekannten WhatsApp-Konto, dessen Profil ein verstörendes Foto zierte – ein grotesk verzerrtes Frauengesicht mit grossen, weit aufgerissenen Augen. Als Momo stellte sich die Gruselfigur im Text vor und drohte an, den Empfänger der Nachricht nachts heimzusuchen, sollte er die Nachricht nicht an 15 andere weiterleiten. Bald darauf entwickelte sich aus dem bedrohlichen Kettenbrief die lebensgefährliche «Momo-Challenge»: «Momo» stellte ihren Opfern Aufgaben und forderte unter Drohungen deren Umsetzung. Die letzte Aufgabe soll angeblich Selbstmord sein.

Dass sein Sohn Kendal sich auf «Momos» Anordnung das Leben nahm, steht für René Gattino ausser Frage. Sein Sohn sei lebensfroh und engagiert gewesen, sagte der trauernde Vater der Agentur AFP, niemals hätte er aus eigenem Antrieb sein Leben beendet. Dennoch erhängte sich der Teenager in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober in seinem Zimmer.

Klage gegen YouTube, WhatsApp und Frankreich

Er habe bei seinen Nachforschungen über den Tod seines Sohnes Hinweise darauf gefunden, dass Kendal an der «Momo-Challenge» teilgenommen habe, formuliert Gattino in der Klage, die er nun einreichte. Er will YouTube und WhatsApp zur Rechenschaft ziehen, weil die Plattformen «junge Menschen nicht genug schützen». Gleiches wirft er Rencontre-ados.com vor, einer Datingseite für Jugendliche, bei der er selbst einem Facebook-Post zufolge innert zehn Sekunden ein Profil anlegen konnte.

Doch auch Frankreich sieht Gattino in der Pflicht: «Meines Erachtens berücksichtigt der Staat die Gefahren für junge Menschen im Internet nicht ausreichend», erklärte er. «Wir dachten, wir wären auf dem Land in Sicherheit. Aber das Internet ist überall und wir sichern es nicht».

Weitere Opfer

Rund eine Woche nach dem Tod von Kendal Gattino versuchte sich in Belgien ein 13-Jähriger zu erhängen, mutmasslich ebenfalls im Rahmen der «Momo-Challenge» – «L'essentiel» zufolge wollte der Teenager seinen Tod livestreamen. Er lag zwei Wochen im Koma und starb vor wenigen Tagen. Bereits im Juli berichtete die «Buenos Aires Times» vom Selbstmord einer Zwölfjährigen, bei dem die Polizei ebenfalls einen Zusammenhang mit dem gefährlichen Internetspiel vermutete. Aus der Schweiz sind bislang keine Fälle bekannt.

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