Guanziroli am Gericht79-Jährige stirbt nach Angriff – Modeberaterin muss in Psychiatrie
Von Silvana Guanziroli
19.8.2019
Bis auf zwei laute Wortmeldungen schwieg sie konsequent. Eine 31-jährige Modeberaterin stand heute vor Gericht, weil sie im Mai 2018 eine Rentnerin zu Boden gestossen haben soll. Die Frau verstarb drei Tage später im Spital.
Der Richter versuchte es immer wieder. «Möchten Sie zu diesem Vorwurf etwas sagen», richtete er das Wort an die Beschuldigte. Doch davon wollte die Modeberaterin nichts wissen. Während der gesamten Gerichtsverhandlung schwieg sie beharrlich, drehte demonstrativ ihren Kopf zur Seite oder schüttelte manchmal fast schon gelangweilt den Kopf.
Nur kurz brach sie ihr Schweigen. «Ich habe einen amtlichen Verteidiger, der ist schliesslich dafür da, dass er für mich antwortet», sagt sie mit erhobener Stimme und sichtlich genervt von den Fragen. «Ich sage nichts mehr dazu, das ist jetzt hoffentlich allen klar.»
Was die 31-Jährige heute über den Tod der Rentnerin und den Vorfall vom 23. Mai 2018 denkt, das blieb deshalb während der über vierstündigen Verhandlung völlig unklar. Sicher ist: An diesem Tag kam es gegen 9.40 Uhr an der VBZ-Haltestelle in Zürich-Affoltern zwischen der Beschuldigten und dem späteren Opfer, Hildegard M.*, zur verhängnisvollen Begegnung.
Nur wenige Momente später lag die gebrechliche Frau am Boden. Sie war vornüber mit dem Gesicht und den Knien auf den Asphalt gefallen. Gemäss Anklageschrift der Zürcher Staatsanwaltschaft waren ihr dabei die oberen Schneidezähne und die Zahnbrücke ausgeschlagen worden. Die Frau blutete zudem stark aus dem Mund.
Die Beschuldigte habe die Rentnerin absichtlich zu Boden gestossen, führt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer aus. Das habe das Opfer Hildegard M.* direkt nach dem Sturz Personen gesagt, die ihr zur Hilfe geeilt seien. Dem widersprach die Verteidigung. Für den Stoss gebe es keine weiteren Zeugen, wie der Anwalt der Beschuldigten ausführte. Und Hildegard M. habe ihre Aussage gegenüber der Polizei ja auch nicht mehr wiederholen können.
Gutachter befürchtet «Delikte mit Waffen»
Die 79-jährige Frau verstarb drei Tage nach dem Sturz im Spital. Sie erlitt eine Gefässwandaufspaltung der Hauptschlagader und verblutete. War diese Verletzung eine Folge des Sturzes? «Das konnte durch das Gutachten des Rechtsmedizinischen Institutes nicht rechtsgenügend bewiesen werden», so der Staatsanwalt vor Gericht. Und deshalb könne der Tod der Frau der 31-Jährigen auch nicht zur Last gelegt werden.
Die Anklage gegen die Modeberaterin lautet deshalb lediglich auf versuchte schwere Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Zudem beantragte sie eine Aufschiebung der Strafe zugunsten einer stationären Massnahme in einer psychiatrischen Einrichtung. «Und das mit gutem Grund», wie der Staatsanwalt vor Gericht ausführte.
Gemäss einem psychiatrischen Gutachten leide die Modeberaterin an einer paranoiden Schizophrenie. Der Gutachter sehe zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat und zieht sogar «Delikte mit Waffen in Betracht.» Deshalb sitze die Beschuldigte seit ihrer Verhaftung im Juni 2018 auch in Haft, zunächst in U-Haft, mittlerweile in Sicherheitshaft. «Es muss verhindert werden, dass sie im öffentlichen Raum erneut Menschen angreift, besondere ältere Personen.»
Schwierige Lebensumstände
Während der Verhandlungen zeigte sich, dass die Frau seit Jahren in schwierigen Verhältnissen lebt. Sie hat einen Sohn, der bei einer Pflegefamilie aufwächst. Zudem gibt es mehrere Berichte der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) im Kanton Bern zur Familie, und gemäss dem Amtsblatt des Kantons Bern ist die Modeberaterin seit Jahren massiv verschuldet. Zuletzt war sie sogar obdachtlos und wurde mehrfach für kurze Zeit in psychiatrischen Kliniken untergebracht. Vor der Tat am 23. Mai 2018 war die Frau rund um den späteren Tatort, dem Zehntenhausplatz, mehreren Augenzeugen aufgefallen. Sie hatte laut geschrien und sich mit ihrem Lebenspartner gestritten. Dabei soll sie ihm eine Tasche ins Gesicht geschlagen haben, wie dieser in einem Brief an die Staatsanwaltschaft bestätigte.
Dass die 31-Jährige ihre Emotionen nicht steuern kann, zeigte sie auch am Montag während einer Verhandlungspause vor dem Gerichtssaal. In Handschellen und von zwei Polizisten bewacht, beschimpfte sie sogar ihre anwesende Mutter lauthals als Schlampe.
Nach mehrstündiger Beratung folgte das Bezirksgericht Zürich heute dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Es verurteilte die Modeberaterin zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten und ordnete eine stationäre Massnahme an. Und bis die 31-Jährige in die Psychiatrie überführt werden kann, muss sie in der Sicherheitshaft bleiben.
«Die Verhältnismässigkeit ist hier gegeben», erklärt der Gerichtspräsident abschliessend. «Das öffentliche Interesse ist gross, dass hier gehandelt wird. Gerade wenn eine Person eine solche Gefahr darstellt.» Die Beschuldigte hielt von der Urteilseröffnung nur wenig. Immer wieder schüttelte sie ob der Ausführungen des Richters den Kopf. Am Schluss ergriff sie dann doch noch einmal das Wort: «Dieses Urteile werde ich weiterziehen, wenn nötig bis nach Strassburg.»
Bericht: Israel plant schrittweise Offensive in Rafah
Gaza, 25.04.2024: Israels Offensive gegen die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt Rafah rückt offenbar näher. Auf internationalen Druck hin ändert die Armee aber wohl ihre Taktik.
Statt eines grossangelegten Angriffs will Israel stattdessen eher graduell Vorgehen. So soll die Zahl ziviler Opfer in der Stadt an der Grenze zu Ägypten begrenzt werden, heisst es in einem Medienbericht.
Israels Militär äussert sich zu seinen Einsatzplänen nicht. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte allerdings vor wenigen Tagen «weitere schmerzhafte Schläge» gegen die islamistische Hamas angekündigt. «Und dies wird in Kürze geschehen».
Israel will in Rafah die letzten dort verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen. Verbündete wie die USA haben aus Sorge um die etwa 1,5 Millionen Menschen, die dort Schutz vor den Kämpfen in den anderen Gebieten des Gazastreifens suchen, immer wieder eindringlich vor einer grossangelegten Bodenoffensive in Rafah gewarnt. Die Stadt im Süden gilt als die einzige in dem abgeriegelten Küstenstreifen, die noch vergleichsweise intakt ist.
26.04.2024
«Unser Europa könnte sterben» – Macron mahnt zu verstärkter Verteidigung
STORY: Bei einem Benefiz-Fussballspiel in Paris war Emmanuel Macron jüngst auserkoren, einen Elfmeter ausführen. Der Ball zappelte am Ende im Netz. Allein verteidigen konnte der Keeper sein Tor nicht. Zu einer verstärkten europäischen Verteidigung rief Frankreichs Präsident am Donnerstag in einer Grundsatzrede an der Pariser Sorbonne-Universität auf. Europa stehe an einem Wendepunkt und müsse mehr tun, um mit rasch wieder aufrüstenden globalen Rivalen konkurrieren zu können. «Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unser heutiges Europa sterblich ist. Es könnte sterben. Es könnte sterben, und das hängt allein von unseren Entscheidungen ab.» Die grösste Gefahr für die Sicherheit Europas sei der Krieg in der Ukraine, sagte Macron. Die Grundvoraussetzung für Sicherheit sei, dass Russland den Angriffskrieg nicht gewinne. Macron schlug die Schaffung einer europäischen Militärakademie vor. Zudem müsse Europa den Bereich Cybersicherheit stärken und die heimische Rüstungsindustrie fördern. Macron sagte, Europa müsse in der Lage sein, einen Dialog mit Drittländern aufzunehmen und zu zeigen, dass es kein «Vasall» der USA sei. Macron knüpft mit seinem Auftritt an eine Grundsatzrede aus dem Jahr 2017 an selber Stelle an: Damals entwarf er die Vision einer «europäischen Souveränität» und «strategischen Autonomie» – Begriffe, die in Brüssel inzwischen zu geflügelten Worten geworden sind.
26.04.2024
Die Sondiergrabungen im Munitionslager Mitholz sind abgeschlossen
Der Bund hat die Sondiergrabungen im Bahnstollen des ehemaligen Munitionslagers bei Mitholz im Berner Oberland abgeschlossen. Für den Einbau von Steinschlagschutzmassnahmen müssen ab Ende Juni elf Personen temporär ihre Häuser jeweils nachts verlassen.
Für den Bauernhof «Meiermatte», der am nahesten beim ehemaligen Munitionslager gelegene Betrieb, wurde bereits eine Lösung gefunden. Die Familie übernimmt einen Landwirtschaftsbetrieb in Kühlewil in der Berner Gemeinde Wald. Das VBS bezeichnete diese Lösung als «einen Meilenstein».
Bis 2026 müssen weitere 20 Personen aus dem Evakuationsperimeter in Mitholz weggezogen sein, wobei deren zwölf das Dorf bereits verlassen haben, wie es hiess. Bis spätestens 2033 müssen weitere 51 Personen (Stand 2022), deren 20 Liegenschaften sich im Sicherheitsperimeter befinden, aus Mitholz weggezogen sein.
25.04.2024
Marlen Reusser: «Mental geht es mir gut. Ich bin optimistisch für die Spiele»
Die Schweizer Radrennfahrerin Marlen Reusser, die Anfang April bei der Flandern-Rundfahrt schwer gestürzt war, erholt sich von ihren Verletzungen. Ein gebrochener Kiefer und neun ausgeschlagene Zähne, ein verletzter Gehörgang – die Berner Zeitfahrspezialistin bleibt positiv: «Mental geht es mir gut. Körperlich bin ich bereit für meine Ziele in diesem Jahr, die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaften». Die dreifache Europameisterin fliegt am Freitag nach Spanien, wo sie die ersten drei Etappen der Vuelta bestreiten wird.
25.04.2024
Bericht: Israel plant schrittweise Offensive in Rafah
«Unser Europa könnte sterben» – Macron mahnt zu verstärkter Verteidigung
Die Sondiergrabungen im Munitionslager Mitholz sind abgeschlossen
Marlen Reusser: «Mental geht es mir gut. Ich bin optimistisch für die Spiele»