RechtsmedizinAngiografie bereichert die Rechtsmedizin
SDA
1.5.2018 - 16:03
Eine Angiografie kann in rechtsmedizinischen Untersuchungen die herkömmliche Autopsie gewinnbringend ergänzen, indem sie zusätzliche Informationen liefert. In machen Fällen ist eine Post-Mortem-Angiografie einer Obduktion sogar überlegen.
Besonders in Kriminalfällen ist eine Untersuchung der Leiche zentral, da der tote Körper oft den Hauptbeweis für ein Verbrechen liefert. Auch in Spitälern werden aber nach dem Tod von Patienten Untersuchungen durchgeführt, um Aufschlüsse über die durchgeführten Behandlungen und Eingriffe zu erhalten.
Auch in der Rechtsmedizin werden vermehrt moderne Techniken wie die Computertomografie (CT) oder die Magnetresonanztomografie (MRT) eingesetzt. Allerdings ist deren Einsatz an Leichen nur begrenzt sinnvoll. So mangelt es in den Weichteilen an Kontrasten und das Kreislaufsystem kann nur schlecht sichtbar gemacht werden.
Künstlicher Blutkreislauf
Hier setzt eine neue Methode an, die Post-Mortem-Angiografie (PMCTA), die mittels CT und einem Kontrastmittel die Blutgefässe sichtbar macht, wie Rechtsmediziner aus den Universitären Spitälern von Genf (HUG) und Lausanne (CHUV) im Fachjournal "Radiology" berichten.
"Bei der PMCTA wird mit einem Tropf ein künstlicher Blutkreislauf geschaffen", erklärt Silke Grabherr, Professorin am Universitären Rechtsmedizinzentrum der Romandie, und Erstautorin der Studie in einer Mitteilung vom Dienstag. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der Herz-Lungen-Maschine, die bei einer Operation am offenen Herzen eingesetzt wird.
Um zu evaluieren, wie die PMCTA im Vergleich zu herkömmlichen Autopsien abschneidet, hat Grabherr mit Kollegen aus neun anderen europäischen Rechtsmedizinzentren insgesamt 500 solche Angiografien an Leichen durchgeführt. Die Leichen wurden anschliessend auch traditionell obduziert und die Resultate wurden verglichen.
Zuverlässige Befunde
Insgesamt zählten die Forschenden bei den 500 Leichen 18'654 Befunde. 90 Prozent wurden mit der neuen Methode erhoben, mit Autopsien nur deren 61 Prozent. Bei der PMCTA wiederum blieben nur zehn Prozent der im juristischen Sinne relevanten Verletzungen unentdeckt, während bei den Obduktionen 23 Prozent der relevanten Verletzungen übersehen wurden.
Diese Methode könnte laut Grabherr eine Alternative zu den invasiven Autopsien bieten, insbesondere, wenn ein Öffnen des Körpers nicht möglich ist. So sind Obduktionen in gewissen Ländern nicht erlaubt, manchmal werden sie auch von den Hinterbliebenen verweigert.
Wenn es darum geht, Läsionen am Skelett oder an den Gefässen zu diagnostizieren, ist die PMCTA der herkömmlichen Methode gar überlegen. So wurden 96 Prozent der Verletzungen an Knochen und 94 Prozent der Läsionen an Gefässen bei der Angiografie entdeckt. Bei den Obduktionen waren es nur 65 Prozent.
Diese Verletzungen können wertvolle Hinweise liefern, so Grabherr. "Die Kombination von Knochenverletzungen und Gefässverletzungen wird vor allem bei gewaltsamen Einwirkungen wie Stürzen, Verkehrsunfällen, Schuss- oder Stichverletzungen beobachtet."
Laut der Expertin ist die PMCTA in solchen Fällen die Methode der Wahl, sei es mit oder ohne herkömmliche Obduktion. Die besten Resultate werden aber erzielt, wenn man die beiden Methoden kombiniert. Die Wissenschaftler wollen deshalb in diese Richtung weiterforschen.
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