Neues Gesetz schützt Arbeitnehmer Australier dürfen Anrufe vom Chef nach Feierabend ignorieren

toko

27.8.2024 - 22:28

Immer für die Vorgesetzten erreichbar zu sein – das hat in Australien jetzt sein Ende.
Immer für die Vorgesetzten erreichbar zu sein – das hat in Australien jetzt sein Ende.
dpa

Im digitalen Zeitalter belastet viele Arbeitnehmer*innen die ständige Erreichbarkeit. In Australien muss man nun nach Feierabend nicht mehr erreichbar sein. Braucht auch die Schweiz ein solches Gesetz?

DPA, toko

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Endlich entspannen: In Australien haben Arbeitnehmer*innen nun ein Recht darauf, ausserhalb der Arbeitszeiten nicht mehr erreichbar zu sein.
  • Beschäftigte in mittleren und grossen Unternehmen können nun ihre Mobiltelefone nach Feierabend ausschalten und müssen auch nicht mehr auf E-Mails reagieren. Für kleine Unternehmen mit weniger als 15 Mitarbeitern tritt das Gesetz erst später in Kraft.
  • Auch in der Schweiz belastet die ständige Erreichbarkeit die Arbeitnehmer*innen und trägt zur Erschöpfung bei.

Viele Australier dürfen ab sofort am Ende des Arbeitstages im wahrsten Sinne des Wortes abschalten. Ein neues Gesetz räumt Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern das Recht ein, in ihrer Freizeit für ihre Vorgesetzten nicht erreichbar zu sein – und sich zu weigern, auf Kontaktversuche zu reagieren. Das sogenannte «Fair Work Legislation Amendment» war im Februar vom Parlament verabschiedet worden. 

Beschäftigte in mittleren und grossen Unternehmen können nun ihre Mobiltelefone nach Feierabend ausschalten und müssen auch nicht mehr auf E-Mails reagieren. Für Angestellte in Firmen mit weniger als 15 Mitarbeitern treten die neuen Regeln erst in einem Jahr in Kraft. Aber es gibt Ausnahmen – etwa wenn das Ignorieren der Kontaktversuche unangemessen ist, speziell im Falle eines arbeitsbedingten Notfalls, wie der Sender 9News berichtete.

Wer auch in der Freizeit für den Chef erreichbar ist, kann sich nicht richtig erholen.
Wer auch in der Freizeit für den Chef erreichbar ist, kann sich nicht richtig erholen.
IMAGO/Pond5 Images (Symbolbild)

Mehr Zeit für die Familie

«Wir möchten sicherstellen, dass Menschen, die nicht 24 Stunden am Tag bezahlt werden, auch nicht 24 Stunden am Tag arbeiten müssen», sagte Premierminister Anthony Albanese in einem Interview mit dem australischen Rundfunksender ABC. «Es ist auch eine Frage der psychischen Gesundheit, denn es geht darum, dass die Menschen von ihrer Arbeit Abstand gewinnen und sich wieder ihrer Familie und ihrem Leben widmen können.»

Studien hätten zuvor ergeben, dass in Australien die Work-Life-Balance schlechter sei als in vielen anderen Ländern, schrieben Medien. In etwa 25 Ländern gebe es bereits ähnliche Gesetze, sagte John Hopkins von der Fakultät für Wirtschaft, Recht und Unternehmertum der Swinburne University. 

Modell für die Schweiz?

Gemäss einer Umfrage von Travailsuisse belastet die ständige Erreichbarkeit auch in der Schweiz viele Menschen. So würden rund 60 Prozent auch in der Freizeit arbeiten, etwa die Hälfte der Befragten gab an, «oft» oder «sehr häufig» Überstunden zu leisten. 

Die Gewerkschaft kritisiert, dass in der Folge immer mehr Arbeitnehmende unter Erschöpfung leiden. Wie wichtig Erholungsphasen ausserhalb der Arbeitszeiten sind, erklärt die Arbeits- und Organisationspsychologin Nicola Jacobshagen im SRF: «Wenn man 24/7 erreichbar sein muss, ist es schwierig, sich vom Job zu erholen».

Dies sei letztlich auch eine Frage der Unternehmenskultur. Lebten Führungskräfte vor, jederzeit erreichbar zu sein, «macht man das selbst auch».

Mit Material von dpa.