Berufungsprozess in Genf Pierre Maudet steht erneut vor Gericht

SDA/uri

11.10.2021 - 10:16

Pierre Maudet auf dem Weg ins Genfer Berufungsgericht.
Pierre Maudet auf dem Weg ins Genfer Berufungsgericht.
Keystone

Der ehemalige FDP-Regierungsrat Pierre Maudet steht nach erstinstanzlicher Verurteilung ab heute erneut vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat gegen einen Freispruch im Zusammenhang mit der Wahlkampffinanzierung Berufung eingelegt.

Keystone-SDA, SDA/uri

In Genf hat am Montag der Berufungsprozess gegen Ex-Staatsrat Pierre Maudet begonnen. Er war in erster Instanz im Zusammenhang mit einer Reise nach Abu Dhabi wegen Vorteilsannahme zu einer bedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu 400 Franken verurteilt worden.

Das Polizeigericht urteilte im Februar, dass der Politiker ein Risiko, bei der Ausübung seines Amtes beeinflusst zu werden, in Betracht gezogen, akzeptiert und in Kauf genommen habe, indem er die Einladung für die Reise angenommen hatte.

Der Aufenthalt in einem Luxuspalast war von zwei befreundeten Geschäftsleuten von Maudet arrangiert worden. Die Rechnung von mehreren Zehntausend Franken bezahlte die emiratische Königsfamilie.



Dagegen sprach das Gericht den früheren FDP-Politiker vom Vorwurf der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit einer von zwei befreundeten Unternehmern finanzierten Wahlumfrage frei.

Weitere Angeklagte

Diese beiden Geschäftsleute, Magid Khoury und Antoine Daher, sowie Maudets ehemaliger Stabschef Patrick Baud-Lavigne, sitzen ebenfalls auf der Anklagebank. Auch sie haben gegen das Urteil des Polizeigerichts Einspruch erhoben.

Laut dem erstinstanzlichen Urteil hatten die Unternehmer Khoury und Daher den Aufenthalt mit dem Ziel organisiert, sich das Wohlwollen des Staatsrats zu sichern. Sie wurden wegen Vorteilsgewährung zu einer Geldstrafe von 240 beziehungsweise 180 Tagessätzen auf Bewährung verurteilt.

Maudets Ex-Stabschef wurde ebenfalls wegen Vorteilsannahme verurteilt. Zudem sprach ihn das Gericht wegen Amtsgeheimnisverletzung schuldig, weil er Informationen an die beiden Unternehmer weitergegeben hatte. Er wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu 300 Franken belegt.

Urteil in einigen Wochen

Die Staatsanwaltschaft hingegen hat gegen den Freispruch im Zusammenhang mit der Wahlkampffinanzierung Berufung eingelegt. Die Verhandlung wird voraussichtlich bis Mittwoch dauern. Das Urteil wird erst in einigen Wochen erwartet.

Maudet scheiterte im vergangenen März bei der Ersatzwahl in den Staatsrat, bei der er als Unabhängiger für seine eigene Nachfolge kandidiert hatte. Zuvor war er von seinen Amtskollegen in der Kantonsregierung schrittweise entmachtet worden.

Bald auf der Theaterbühne

Wenn es mit dem Urteil nicht zu lange dauert, kann Maudet ab Ende November immerhin an anderer Stelle befreit aufspielen. Dann wird er nämlich in Freiburg in der Satire-Revue «Fribug» auf der Theaterbühne stehen, wie SRF berichtet.

In der Westschweiz habe es Tradition, das vergangene Jahr satirisch und humorvoll in Bühnenstücken aufzuarbeiten. Maudet zeige dabei Selbstironie und werde sich selbst spielen – er sei im Programm als mitwirkender Komödiant aufgeführt. Und das, obwohl er sich stets dagegen gewehrt habe, zur Witzfigur der Genfer Politik verkommen zu sein.