Genau 16.30 Uhr: Die Gottesmutter kommt pünktlich. In dem Örtchen Unterflossing in Oberbayern erschien sie angeblich zum dritten Mal. Bei Eiseskälte kamen nun erneut Hunderte, um teilzuhaben. Die Kirche distanzierte sich: Die Vorgänge seien «äusserst fragwürdig».
Eingehüllt in Decken harren sie betend und singend in der Kälte aus, ältere Menschen haben Klappstühlchen mitgebracht. Viele haben leere Plastikflaschen dabei, einige sogar richtig grosse Kanister: Aus dem Brunnen, der angeblich gar kein Wasser führen dürfte, komme «Gnadenwasser», sagt eine Besucherin. Das hänge mit dem Erscheinen der Heiligen Maria zusammen. Am Samstag war die Gottesmutter wieder da - jedenfalls wenn man dem selbst ernannten Seher Salvatore Caputa aus Italien und seinen Anhängern glauben will.
Zum dritten Mal ist Maria demnach an der privaten St.-Laurentius-Kapelle in Unterflossing aufgetaucht, ein 100-Seelen-Ort im Landkreis Mühldorf am Inn, nicht allzu weit entfernt vom Pilgerort Altötting.
Punkt 16.30 Uhr - wie angekündigt - wirft sich Caputa auf die Knie, einen Rosenkranz in den Händen, den Blick entrückt in die Ferne gerichtet. Der frühere Polizeibeamte hat sich der weissen Marienstatue vor der Kapelle zugewandt, ursprünglich ein Grabdenkmal vom Friedhof in Landshut. Der Besitzer der Kapelle, Otto Masszi, hat dahinter drei Ulmen gepflanzt, für die Dreifaltigkeit. Und eben jenen Brunnen gegraben, nach dessen Wasser die Besucher lechzen.
«Betet, meine Kinder, mit Freude»
Caputas Lippen bewegen sich. Er verneigt sich, eine Hand fasst ans Herz, dann hebt er die andere wie zum Abschied, der Blick geht im Bogen ins Weite. Gute fünf Minuten - dann ist Maria wieder weg. Maria habe zum Beten für den Frieden aufgerufen, gibt der 73-Jährige die ersehnte Botschaft weiter: «Öffnet Eure Herzen.» Sie sei gekommen, um alle zu umarmen. «Betet, meine Kinder, mit Freude.»
Einige Gläubige berichteten, sie hätten den für Maria typischen Rosenduft gerochen. Tatsächlich wehte gelegentlich ein blumiger Duft heran, der allerdings für die ungeübte Nase eher so wirkte, als sei er weltlich hergestellt.
Ein geplanter Gottesdienst fiel mangels Priester aus. Das Erzbistum München und Freising hatte sich Ende Februar von dem Event distanziert und allen Klerikern verboten, im Zusammenhang mit Caputas Auftritten an Gottesdiensten oder Versammlungen teilzunehmen. Erich Neumann, Vorsitzender des Vereins Förderer und Freunde der St.-Laurentius-Kapelle, der das Treffen organisiert, betonte, dass es sich um eine amtskirchlich nicht anerkannte Privatvision handele. Das bedeute aber keineswegs, dass eine Teilnahme Sünde sei.
Schliesslich verpflichte umgekehrt die Anerkennung von Marienerscheinungen durch die Kirche Gläubige nicht, daran zu glauben. Anerkannt sind etwa die Erscheinungen im französischen Lourdes und im portugiesischen Fátima.
Der Termin der nächsten Erscheinung steht schon fest
Laut Caputa kommt Maria - kastanienbraunes Haar, ebensolche Augen, und mal Weiss, mal Blau und mal Rosa gewandet - vom Licht, begleitet von Engeln und Seelen gestorbener Angehöriger von Anwesenden. Eine Frau sagt, sie sei sicher, dass ihr gestorbener Mann da gewesen war und sie unterstütze. Eine andere sagt, sie habe die Liebe sowie die Verbundenheit der Gläubigen gespürt - das sei ihr das Wichtigste. Eine dritte findet: «Es ist traurig, dass hier so viele Leute sind, die nicht daran glauben.» Denn das Spektakel hat auch Schaulustige angelockt - und die Presse.
Caputa ist ein freundlicher älterer Herr, ein einfacher Mann, wie er selbst sagt. Es sei Maria, die sich an ihn wende, um den Menschen ihren Erscheinungsort mitzuteilen. «Wenn die Madonna mich ruft, dann gehe ich hin.» Am 8. September, so gibt Caputa am Ende den Wartenden weiter, wolle Maria wieder in Unterflossing erscheinen. Als er danach den Platz vor der Kapelle verlässt, legt er einigen die Hand auf.
Ein eigens gefertigtes Gutachten des Lehrstuhls für Dogmatik an der Universität München hatte laut Erzbistum München und Freising eine «Theatralik» der Inszenierungen festgestellt. Aufgrund des Inhalts der angeblichen Botschaften liege nahe, dass Caputa öffentliche Anerkennung suche. Das Erzbistum beurteilte die Vorgänge als «äusserst fragwürdig». Es zieht damit ähnliche Schlüsse wie die italienischen Diözesen Mantova und Bozen-Brixen. Auch dort tingelte Caputa mit seiner Vision durch die Lande - die Kirche blieb stets auf Distanz.
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