Strafe für Schummler Nepal prüft, wer wirklich auf dem Mount Everest war

dpa/gbi/tmxh

23.2.2021 - 18:03

Wer fälschlicherweise angibt, den Mount Everest bestiegen zu haben, muss in Nepal mit Strafe rechnen. (Symbolbild)
Wer fälschlicherweise angibt, den Mount Everest bestiegen zu haben, muss in Nepal mit Strafe rechnen. (Symbolbild)
Bild: Aryan Dhimal/ZUMA Wire/dpa

Wer den Mount Everest erklommen hat, darf damit ruhig ein wenig angeben. Aber Hochstapler sollten aufpassen: Nepal kontrolliert, wer tatsächlich ganz oben in der Todeszone war – und straft notfalls.

Schon mehr als 10'000-mal stand ein Mensch ganz oben auf dem Mount Everest. Das besagen die offiziellen Statistiken aus Nepal und China – jener beiden Länder, auf deren Grenze der höchste Berg der Welt steht. Doch wie wohl überall scheinen auch hier Betrüger zu lauern. Wer fälschlicherweise eine Everest-Besteigung angibt, muss in Nepal nun mit Strafe rechnen.

Nachforschungen zu einer Bergsteigerin und einem Bergsteiger aus Indien, die auf der Liste der erfolgreichen Kletterer vermerkt sind, hätten laut nepalesischem Tourismusministerium kürzlich ergeben: Beide standen gar nicht wie angegeben 2016 auf der 8848,86 Meter hohen Spitze. Die Strafe folgte sogleich: Es würde ihnen rückwirkend sechs Jahre ab dem vermeintlichen Aufstieg verboten, Berge in Nepal zu besteigen.

Ganzkörperfoto als Beweis

Wie kann so etwas passieren? Die Chefin des nepalesischen Tourismusministeriums, Mira Acharya, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass ihr etwa acht andere Betrugsfälle bekannt seien. Auch der amerikanische Bergsteiger und Blogger Alan Arnette bestätigte: «Traurigerweise ist es mit der heutigen Technologie und den schlampigen Behördenprozessen nicht allzu schwierig, eine falsche Behauptung zu machen.»



Die Behörden in Nepal und China prüfen jeden Aufstieg. Doch ganz oben in der sogenannten Todeszone kann kein Behördenmitarbeiter ständig auf Ankömmlinge warten, denn dort baut der menschliche Körper ab und kann sich nicht erholen. So müssten Bergsteiger stattdessen als Aufstiegsbeweis ein Ganzkörperfoto von sich mit unbedecktem Gesicht – also ohne Sonnenbrille und Sauerstoffmaske – auf dem schneebedeckten Gipfel zeigen, sagt Arnette.

Ausserdem müssten der Leiter der Bergsteigergruppe sowie ein Behördenmitarbeiter im Basislager den Aufstieg zertifizieren. Da der Gruppenleiter selbst jedoch selten ganz nach oben steigen würde, verliessen sich die Behörden meist auf das Wort des Bergsteigers sowie dessen Sherpa-Bergführer, so Arnette.

Fälschung ist einfach

Sein Gesicht in das Foto eines anderen Bergsteigers einzufügen, sei Arnette zufolge einfach. Er betont, dass alle Involvierten ein Interesse an vielen erfolgreichen Aufstiegen haben. Sherpa-Führern helfe es zu mehr Aufträgen und teils zu mehr Honorar oder gar dazu, eine eigene Bergführerfirma zu gründen. Ähnlich profitierten Bergführerfirmen und Regierungen, die damit ihren Tourismus fördern könnten.

Und besonders für Nepal, das laut den Vereinten Nationen zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt gehört, ist das Geld der Alpinisten aus dem Ausland wichtig. Ein durchschnittlicher Aufstieg kostet laut Arnette umgerechnet rund 43'000 Franken, so viel wie ein guter Neuwagen. Kletterer mit hohem Budget geben auch das Doppelte oder Dreifache aus.

Aus Eifersucht gemeldet?

Bei dem Fall der Bergsteigerin und des Bergsteigers, deren Namen nun seit Kurzem von der Liste gestrichen sind, hätten andere Bergsteiger das nepalesische Tourismusministerium darüber informiert, dass sie ihren Aufstieg abgebrochen hätten, weil es ihnen gesundheitlich schlechter gegangen sei, berichtete die Zeitung «Hindustan Times». Sie hätten bearbeitete Bilder verwendet. Das Ministerium prüfte anschliessend.



Doch einer der Betroffenen, Narender Singh Yadav, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass er 2016 oben gewesen sei und entsprechende Fotos und Videos gezeigt worden wären. Er wirft seinem Gruppenführer vor, sich aus Eifersucht an das Tourismusministerium gewandt zu haben. Denn Yadav sollte etwas später die höchste Auszeichnung seines Landes für Bergsteiger erhalten, den Tenzing Norgay Adventure Award, wie es von der indischen Bergsteigervereinigung hiess. Wegen der Kontroverse habe er den Preis schliesslich nicht erhalten. Yadav sagte, er wolle gegen den Gruppenführer gerichtlich vorgehen.

Den Gruppenführer strafte auch das nepalesische Tourismusministerium – ebenfalls mit einem sechsjährigen Verbot, seine Berge zu besteigen – mit der Begründung, dass er den Betrug nicht schon früher gemeldet habe, wie es aus dem Ministerium hiess. Die Bergsteigerfirma Seven Summit Treks, die den Aufstieg organisiert hatte, müsse ein Bussgeld zahlen – rund 355 Euro – und der Sherpa-Bergführer eines von etwa 71 Euro. Der Behördenmitarbeiter, der damals zertifizierte, habe eine schriftliche Warnung erhalten.

Schon härtere Strafen für Schummler

«Wenn Bergsteiger einen Aufstieg faken, wie soll die Bergsteigerfirma davon wissen?», sagte der Chef von Seven Summit Treks, Mingma Sherpa, dazu der Zeitung «The Indian Express». «Die zwei indischen Bergsteiger zeigten uns die Bilder ihres Aufstiegs und wir schrieben, dass sie aufgestiegen wären.»

Andere Schummler hatten schon härtere Strafen von Nepal erhalten. 2016 belegte das Tourismusministerium ein indisches Polizisten-Ehepaar mit einem zehnjährigen Verbot, ihre Himalaya-Berge zu besteigen, da sie ebenfalls gefälschte Bilder verwendet haben sollen. Indien entliess die beiden Beamten anschliessend. Laut Bergsteiger Arnette ist es jedoch erstaunlich, dass trotz der Einfachheit des Betrügens bekannte Betrugsfälle relativ selten seien.

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dpa/gbi/tmxh