Von Albanien bis Portugal Blick in die Welt – Kurioses und Absurdes in Corona-Krisenzeiten

Von Philipp Dahm

31.3.2020

Lockdown in Indien: Ein Polizist belehrt eine Familie an einem Checkpoint in Chennai am 28. März.
Lockdown in Indien: Ein Polizist belehrt eine Familie an einem Checkpoint in Chennai am 28. März.
Bild: Getty

Das neue Coronavirus hat die ganze Welt erfasst und sorgt neben Kummer auch für Kuriositäten – ob in Australiens Kanalisation, Kubas Devisenkasse oder im Königspalast von Riad.

Australien: Bloss kein «Poonani»

Nicht nur in der Schweiz und Deutschland ist Klopapier vergriffen – auch in Australien. Im Bundesstaat Queensland im Nordosten des Kontinents haben die Bewohner deshalb kurzerhand Küchenpapier, Zeitungen und sogar Handtücher zweckentfremdet, um sauber zu bleiben.

Doch wegen dieses Materials steckt die Wasserwirtschaft jetzt im Schlamassel: Es blockiert die Kanalisation, Pumpstationen und Klärwerke. «Lumpen gibt es ziemlich häufig», führt Scott Moorhead vom Versorger Townsville Water bei «ABC» aus. «Feuchttücher und sogar Küchenkleidung kommen durch.»

Kleidung, Küchenpapier und Feuchttücher verstopfen die Kanalisation von Queensland.
Kleidung, Küchenpapier und Feuchttücher verstopfen die Kanalisation von Queensland.
Bild:  Unitywater

Oder eben nicht: Michelle Cull von Brisbane's Urban Utilities befürchtet einen «Poonani» – ein Zusammenzug aus «poop» und «tsunami». Das wäre in der Tat ... so eklig.

Was auch immer das ist: Man möchte keinen Tsunami davon erleben.
Was auch immer das ist: Man möchte keinen Tsunami davon erleben.
Bild: SA Water

Neuseeland: Alles Petzen

Es ist ein Jahr her, dass ein blutiger Amoklauf Christchurch und ganz Neuseeland entsetzt und schockiert hat. Der Massenmord mit 51 Todesopfern machte die Menschen weltweit betroffen, aber ihre baldigen Reaktionen gaben auch Hoffnung. Neuseeländer umstellten schützend Moscheen, sie demonstrierten auf breiter Front gegen Fremdenhass, und sie gaben erst freiwillig ihre Waffen ab, bevor die Politik zügig ein Verbot umsetzte.

Wie geht Neuseelands Zivilgesellschaft nun mit der Coronakrise um? Mal so gesagt: Ungehorsam oder rebellisch sind die «Kiwis» nicht geworden. Und wenn doch, wird es angezeigt: Die Behörden haben eigens eine Website eingerichtet, auf der Bürger melden können, wenn andere die Ausgangssperre oder den Mindestabstand verletzen.

Nach dem Aufschalten am Sonntagnachmittag gingen 4'200 Beschwerden ein, was die Petz-Page vorübergehend lahmlegte. Sowohl Touristen wurden verraten, die weiterhin im Camper durchs Land gefahren waren, wie auch rund 60 Backpacker, die in einem Hostel in Queenstown Party machten. «Das zeigt, wie wichtig es Kiwis ist, dass sich jedermann unseren Regeln fügt», lobte Polizeisprecher Mike Bush via «AFP» die Denunzianten.

Italien-Hilfe «From Russia with Love»

Als die Corona-Krise ihren Lauf nahm und Italien sich hilfesuchend an die Welt wandte, standen nicht die europäischen Nachbarn vor der Tür, sondern Emissäre aus Moskau. Mit mindestens 15 Flügen wurde medizinische Ausrüstung, Desinfektionsmittel und Personal eingeflogen. Das Motto in Anlehnung an James Bond: «From Russia with Love».

Damit hatte der Kreml Lacher und Herzen auf seiner Seite: «Die russische Italien-Hilfe lässt die EU dumm dastehen», schrieb die «New York Times». Doch dann korrigierte «La Stampa» kurz darauf, dass 80 Prozent der Hilfslieferung unbrauchbar seien.

Das gelte allerdings nur für das Material wie etwa die 600 Ventilatoren – und freilich nicht für die 100 russischen Virologen, die nach Italien geschickt worden sind. Den Vorwurf, die Aktion sei bloss ein PR-Stunt, wies Moskau als «pervers» zurück.

Was macht eigentlich Albanien?

In Albanien gab es bisher 243 bestätigte Infektionen: 178 davon kämpfen aktuell gegen ihre Covid-19-Erkrankung. 52 Patienten sind genesen, 13 Albaner sind der Seuche erlegen. Vor sechs Tagen hat das Land den Ausnahmezustand erklärt und eine Ausgangssperre verhängt. Bis zu 83'000 Euro Busse drohen bei Zuwiderhandlungen.

Aber weil es Albanien in der Corona-Krise relativ gut geht, hilft auch der kleine Balkanstaat Italien: 30 Mediziner und Ärzte sind vergangenen Samstag in Rom gelandet, um nach der Weiterreise nach Bergamo dort die Not zu lindern.

Kubas Ärzte als Devisenbringer

Noch einmal Italien in Not und helfende Hände aus dem Ausland: Als in der Corona-Krise nicht mehr genug Ärzte zugegen waren, kamen Kollegen aus Kuba zu Hilfe – nach der Landung in Mailand hielten sie stolz ihre Landesflagge in die Höhe. Ihre Unterstützung für die Italiener hat Leben gerettet.

Fakt ist auch, dass Kubas Ärzte eine Art Exportschlager sind: Niemand verschafft der Insel so viele Devisen wie ihre Mediziner, die im Ausland arbeiten. Seit den 60ern hat Kuba nach eigenen Angaben 600'000 Personen aus dem Gesundheitswesen in 160 Länder gesandt. Aktuell kassiert Havanna für diese Hilfe in 60 Staaten weltweit jährlich 6,3 Milliarden Dollar, berichtet der «Guardian»

Saudi-Arabien: Plötzlich menschlich

Saudi-Arabien hat international zuletzt immer für Negativschlagzeilen gesorgt – und häufig ging es dabei auch um die Verletzung von Menschenrechten.

Umso schöner ist es, dass das Königshaus nun Nächstenliebe zeigt: Salman ibn Abd al-Aziz hat angeordnet, dass sich jedermann im Spital testen und behandeln lassen kann. Wie Gesundheitsminister Tawfig al-Rabiah deutlich machte, gilt das explizit auch für Sans-Papiers: Im Königreich leben schätzungsweise 12,5 Millionen Ausländer – darunter viele Gastarbeiter aus Pakistan, Indien und Bangladesch.

Wenn es um Nähe geht, kann ein königliches Dekret aber nichts gegen ein virales Video ausrichten. Der Clip, der erst auf Tiktok geteilt wurde, zeigt einen Arzt, der nach einer langen Schicht nach Hause kommt. Sein Sohn springt ihm entgegen, will ihn umarmen, doch der Vater muss ihn auf Distanz halten. «La», sagt er, also «Nein», bevor er in Tränen ausbricht. Das Video von Nasser Ali Al Shahrani aus Riad wurde millionenfach geklickt – und verdeutlicht den Zuschauern, wie wichtig Social Distancing ist.

Portugal: Temporäres Bürgerrecht

Portugal geht noch einen Schritt weiter als Saudi-Arabien: Das Land gewährt allen Migranten und Asylsuchenden, die bereits eine Aufenthaltsbewilligung haben, vorübergehend das Bürgerrecht. So soll sichergestellt werden, dass soziale und gesundheitliche Massnahmen alle Menschen in Portugal erreichen, berichtet «Euronews».

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