Ausstellung Das Museum Tinguely lädt zur wilden Kunst-Party der Ex-Avantgarde

dosp, sda

15.2.2022 - 14:06

Um den schwedischen Künstler und Netzwerker Öyvind Fahlström drehte sich in den 1950er- bis in die frühen 1970er-Jahre vieles. Das Museum Tinguely versammelt nun dessen Kunstfreundinnen und -freunde von damals zum hintersinnigen Ausstellungs-Happening.

Keystone-SDA, dosp, sda

Die Fülle der Werke, die einen in der Ausstellung erwartet, ist auf den ersten Blick erdrückend. 420 sind es, geschaffen von rund 80 Künstlerinnen und Künstlern – wändefüllend gehängt. Ein stilistischer oder auch inhaltlicher roter Faden ist nicht zu erkennen. Es ist eine Ansammlung der Avantgarde-Ausflüsse der 1950er- bis 1970er, entstanden in den Metropolen Stockholm, Rom, Paris und New York.

Im Zentrum steht das Werk des Schweden Öyvind Fahlström (1928-1976), dessen Name hierzulande wohl nur Eingeweihten ein klingender Begriff ist. Er hat aber ein Oeuvre hinterlassen, das absolut entdeckenswert ist: Unter anderem sind das feingliedrige Wimmelbilder, die Dutzende von politischen und hintersinnig-comicartigen Geschichten erzählen, oder grossformatige Collagen, die mit vieldeutigen Zeichen und Symbolen übersät sind.

So viel zum namensgebenden Künstler. Die Ausstellung verspricht in ihrem Titel aber eine «Party for Öyvind». Dieser Titel ist der Einladungskarte von 1967 zu einer Geburtstagsparty in einer New Yorker Galerie entnommen. Die Einladungskarte gestaltet hatten Patty und Claes Oldenburg – zwei der vielen Künstlerinnen-Freunde, die Fahlström als Netzwerker um sich scharte.

Viele bekannte Namen

Viele dieser Freundinnen und Freunde – sie sind in der Ausstellung geschlechterparitätisch vertreten – haben Namen, die heute über Fachkreise hinaus vielen Menschen bekannt sind. Neben Oldenburg sind das unter vielen anderen Andy Warhol, Alexander Calder, John Cage, Merce Cunningham, Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg und nicht zuletzt auch Niki de Saint Phalle und der Hauskünstler Jean Tinguely.

Die Liste der Künstlerinnen und Künstler zeigt auch, dass die Grenze der Künstlerfreundinnen und -freunde, aber auch von Fahlströms Schaffen, nicht bei der bildenden Kunst zu ziehen ist, sondern weit in die Musik, in die Poesie, in den Film und ins Theater hineinreichte. Vom spartenübergreifenden Schaffen zeugen unter anderem Videos und weitere Dokumentationen in Vitrinen.

Es ist eine wilde Kunst- und Party-Welt, die über Warhols Factory zur Legende geworden ist. Dabei waren die vielen Partys nicht nur Ausdruck der Vergnügungssucht, wie das Gastkuratorenpaar Barbro Schultz-Lundestam und Gunnar Lundestam an der Medienführung durch die Ausstellung sagten. Damals gab es das Internet und die elektronischen Sozialen Medien nicht – wollte man sich austauschen, kam man über persönliche Treffen nicht herum.

Die Ausstellung im Museum Tinguely bietet durch das Ventil Öyvind Fahlström einen sinnlichen und zugleich lehrreichen Einblick in den Kosmos der internationalen Kultur- und Kunst-Avantgarde der 1950er- bis 1970er-Jahre. Die wilde Überfülle an höchst unterschiedlichen Werken mag einem erst einmal als Zumutung oder Überforderung vorkommen. Sie bildet aber die Welten von damals trefflich ab und lädt dazu ein, sich einfach einmal in die Welt hineinfallen und sich darin treiben zu lassen.

Die Ausstellung «Party for Öyvind. Öyvind Fahlström & Friends» im Museum Tinguely Basel dauert bis 1. Mai.