Von Liegestütze bis Knast Das sind die härtesten Coronastrafen der Welt

dpa/tafi

21.8.2020

Indonesien, Medan: Ein Mann muss als Strafe gegen den Verstoss einer Maskenpflicht an öffentlichen Orten Liegestütze machen.
Indonesien, Medan: Ein Mann muss als Strafe gegen den Verstoss einer Maskenpflicht an öffentlichen Orten Liegestütze machen.
Binsar Bakkara/AP/dpa

In der Schweiz gibt es für Maskenverweigerer keine echten Bussen. Andernorts sieht es mit Coronastrafen ganz anders aus. Von öffentlichen Liegestützen bis zu mehrmonatigem Knast reicht die Palette. Auch Suppe-Essen wurde schon zum Verhängnis.

Eine einheitliche Regelung, wie Maskenverweigerer gebüsst werden, gibt es hierzulande nicht. Wer einen Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Verkehr verweigert, muss lediglich an der nächsten Station ausstiegen. Teuer könnte es nur theoretisch werde: Wer sich den Anweisungen des Sicherheitspersonals widersetzt, kann wegen Ungehorsam verzeigt werden. Bei einer Verurteilung kann es dann richtig teuer werden: Das Strafmass reicht bis 10'000 Franken.

Im Ausland sieht das ganz anders aus, wie ein Walliser erfahren musste. Auf der thailändischen Insel Koh Chang sind der Mann und seine einheimische Ehefrau zu zwei Monaten Haft verurteilt worden, weil sie im April vor ihrem Haus Suppe gegessen und darüber die Zeit vergessen hatten. Als die Polizei anrückte, war es 22:20 Uhr. Das Problem: Ab 22 Uhr galt damals eine Ausgangssperre, die mittlerweile aufgehoben wurde. Die beiden sind auf Kaution auf freiem Fuss und gingen in Berufung – aber die mögliche Zeit im Gefängnis hängt wie ein Damoklesschwert über ihnen.

Zahlreiche Medien berichteten schon über den Fall. «Dies ist eine ziemlich komplizierte Zeit für uns», schrieb der Walliser, der seit zehn Jahren in Thailand lebt, auf Facebook. «Danke an euch alle in der Schweiz, mit diesen guten Vibes werden wir sicher eine Lösung finden.» Auf Anfrage sagte der 42-Jährige, in dem Berufungsverfahren sei bislang noch keine Entscheidung gefallen, das könne auch noch dauern.

Liegestütze in Indonesien

In Indonesien werden Strafen gleich vor Ort vollzogen. So berichtet eine dpa-Korrespondentin von einem Fall auf der Insel Sulawesi. Mitten auf dem Fussweg ging dort ein Mann in die Knie und spreizte die Hände auf dem mit Kieselsteinen bedeckten Boden. Dann machte er unter den wachsamen Augen mehrerer Polizisten Liegestütze. Sportkleidung trug er nicht, der junge Indonesier hatte sogar noch seinen pinkfarbenen Motorradhelm auf dem Kopf.

Sein Vergehen: In Coronazeiten war er ohne Maske auf seinem Motorrad unterwegs und hatte – Pech für ihn – einen Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte passiert. Die Strafe folgte auf dem Fusse – denn in Indonesien sind demütigende Turnübungen in aller Öffentlichkeit das Mittel der Wahl im Kampf gegen Coronaregelbrecher.

Ein Polizist in Zivil holt in Mumbai, Indien, mit einem Schlagstock gegen die in einer Warteschlange stehenden Kunden eines Alkoholika-Ladens aus. Sie haben nicht den nötigen Abstand zueinander eingehalten, sagte der Beamte.
Ein Polizist in Zivil holt in Mumbai, Indien, mit einem Schlagstock gegen die in einer Warteschlange stehenden Kunden eines Alkoholika-Ladens aus. Sie haben nicht den nötigen Abstand zueinander eingehalten, sagte der Beamte.
Rajanish Kakade/AP/dpa

Demütigungen in der Öffentlichkeit

Im weltgrössten Inselstaat werden auch noch andere Varianten von «Public Shaming» angewandt, um die Coronaregeln durchzusetzen: Das öffentliche Singen der Nationalhymne etwa, die erzwungene Teilnahme an Beerdigungen von Covid-19-Opfern (so geschehen in Tuban auf Java) sowie das Reinigen öffentlicher Räume in einer leuchtend-orangen Weste mit der Aufschrift «Verletzer des Gesundheitsprotokolls».



Wer jetzt denkt, Push-ups vor aller Augen oder Putzkolonnen seien eine harsche Bestrafung für eine fehlende Maske, der wird in anderen Ländern eines Besseren belehrt. Im westafrikanischen Ghana blühen den Bürgern zwischen vier und zehn Jahren Gefängnis oder bis zu 60'000 Cedi (1'260 Franken) Strafe, wenn sie ohne Mund-Nase-Bedeckung erwischt werden. Präsident Nana Akufo-Addo verabschiedete im Juni ein entsprechendes Gesetz. 

Knast, Schlagstöcke, Schreibübungen

In Malaysia muss ein Restaurantbesitzer sogar fünf Monate hinter Gitter. Der Mann hätte sich wegen Coronasymptomen in Selbstisolation befinden müssen, hatte aber dennoch sein Lokal weiter geöffnet. «In der Folge mussten mehrere Dörfer in den Bundesstaaten Kedah und Perlis unter Lockdown gestellt werden», erzürnte sich der Minister für nationale Sicherheit, Ismail Sabri Yaakob. Mindestens 40 Infektionsfälle wurden in Zusammenhang mit dem Quarantäne-Verstoss bestätigt.

Knast gab es auch für einen 40-Jährigen im für seine drakonischen Strafen bekannten Singapur. Sein Vergehen: Der Taxifahrer hatte im April in einer Facebook-Gruppe geschrieben, dass wegen des Lockdowns Läden schliessen und Supermärkte nur noch zwei Tage die Woche öffnen würden. Obwohl er den Post schon nach 15 Minuten wieder löschte, habe er damit die Leute zu Panikkäufen veranlasst, befand ein Gericht. Das Resultat: Vier Monate Haft wegen Verbreitung falscher Informationen.

In Indien hat die Polizei maskenlose Passanten, Strassenverkäufer und Rikscha-Fahrer schon zu Beginn der Pandemie mit Schlagstöcken verhauen. Andere Regelbrecher mussten Kniebeugen machen oder wurden von Beamten mit Helmen in Form des Coronavirus erschreckt. Touristen mussten wegen eines Spaziergangs 500-mal schreiben: «Ich habe mich nicht an die Ausgangssperre gehalten, und das tut mir sehr leid.» 

Indonesien, Makassar: Ein Motorradfahrer wird infolge der Missachtung von Coronaschutzmassnahmen von Polizeibeamten mit Push-ups bestraft. Motorradfahrer ohne Nase-Mund-Bedeckung und ohne eine schriftliche Bestätigung ihrer Gesundheit müssen als Strafe an Ort und Stelle Push-ups durchführen.
Indonesien, Makassar: Ein Motorradfahrer wird infolge der Missachtung von Coronaschutzmassnahmen von Polizeibeamten mit Push-ups bestraft. Motorradfahrer ohne Nase-Mund-Bedeckung und ohne eine schriftliche Bestätigung ihrer Gesundheit müssen als Strafe an Ort und Stelle Push-ups durchführen.
Herwin Bahar/ZUMA Wire/dpa

In Europa geht's ans Geld

Zwar kommen die Behörden in Europa ohne schräge Strafaktionen oder öffentliches Blossstellen aus, aber die Forderungen nach härterem Durchgreifen werden lauter. So hat die britische Regierung kürzlich die Bussgelder für Coronaverstösse erhöht: Wer wiederholt gegen die Pflicht zum Tragen einer Gesichtsbedeckung in Läden oder anderen geschlossenen Räumen verstösst, muss nun bis zu 3'200 Pfund (rund 3'800 Franken) berappen – doppelt so viel wie bisher. Veranstalter illegaler Partys müssen gar mit Bussgeldern von bis zu 12'000 Franken rechnen.



In Österreich stehen bereits bis zu drei Jahre Haft auf die fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Sechs Monate Bewährung und 860 Franken Busse gab es deshalb schon für eine infizierte 49-Jährige aus Klagenfurt, weil sie ihr Haus verliess. Die Frau sagte, sie habe die Quarantäne nur gebrochen, weil sie Geld für ihre kranke Enkelin in Bosnien überweisen musste.

Eine in Tirol lebende Deutsche muss 11'600 Franken zahlen, weil sie trotz Infekts und Quarantäne einkaufen ging und ein Taxi nahm. Die Staatsanwälte wollen auch für sie mindestens eine Bewährungsstrafe und gingen in Berufung.

Die Japaner bleiben gelassen

Nur bei den für ihre Zurückhaltung und Höflichkeit bekannten Japanern scheinen die Verhältnisse fast umgekehrt. Maske tragen sie ganz ohne Strafandrohung, und die Abstandsregeln werden ebenfalls ohne Murren eingehalten.

Gemurrt wurde erst, als die Regierung kürzlich – trotz wieder steigender Fallzahlen – eine Förderkampagne zur Ankurbelung des Binnentourismus startete. Laut einer Umfrage halten das rund 80 Prozent der Japaner für stark verfrüht. Mehr als die Hälfte der Menschen von Sapporo bis Okinawa würde sich sogar wünschen, dass wieder der Notstand ausgerufen wird.

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