Der «Thai-Macron»?Der «Thai-Macron»? Milliarden-Erbe mischt Thailands Politik auf
Von Christoph Sator, dpa
6.4.2018
In Thailands Politik gibt es plötzlich ein neues Gesicht: ein milliardenschwerer Unternehmersohn mit schier unaussprechlichem Namen. Manche vergleichen ihn schon mit Macron. Aber der Weg zu einem Erfolg ist noch sehr weit.
Bis vor drei Wochen hatte in Thailand kaum jemand je etwas von Thanathorn Juanggroongruangkit gehört. Ein Mann von 39 Jahren, verheiratet, drei Kinder und vermutlich einige Milliarden schwer: Seiner Familie gehört Thailands größter Zulieferer für die Autoindustrie, die Thai Summit Group. Aber reiche Leute gibt es in dem Königreich nicht wenig, und so spielte Thanathorn abseits der Autowelt bislang keine grosse Rolle.
Das hat sich geändert. Heute gilt der Mann mit dem schier unaussprechlichen Namen als Hoffnungsträger der thailändischen Politik. Manche Zeitungen vergleichen seine Blitzkarriere schon mit dem Aufstieg von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - ein «Thai-Macron» gewissermassen. Bei nüchterner Betrachtung ist Thanathorn von einem solchen Erfolg allerdings noch weit entfernt.
Was der Unternehmersohn aber schon geschafft hat: so etwas wie neue Begeisterung für die Politik zu entwickeln. In Thailand mit seinem verkrustetem System ist das alles andere als selbstverständlich. Von demokratischen Zuständen ist das 70-Millionen-Einwohner-Land weit entfernt. Seit dem jüngsten Militärputsch im Mai 2014 ist politische Betätigung weitgehend verboten. Zudem schränken strenge Gesetze die Meinungsfreiheit massiv ein.
Keine grosse Besonderheit aber: Thanathorns Generation hat zeit ihres Lebens bereits nicht weniger als fünf Putsche erlebt. Die derzeitige Junta unter dem früheren Armeechef Prayut Chan-o-cha hat zwar immer wieder Wahlen versprochen, aber auch immer wieder hinausgeschoben. Aktuell ist der Februar 2019 als Wahltermin im Gespräch - fünf Jahre nach dem Staatsstreich. Ob daraus etwas wird? Niemand weiss es.
Thanathorn sagt dazu: «Wenn Militärputsche irgendwelche Probleme lösen könnten, wäre Thailand das erfolgreichste Land der Welt. Niemand hatte so viele wie wir.» Zumindest aber dürfen sich nun seit Mitte März neue Parteien registrieren lassen. Manche sehen darin ein Zeichen, dass es mit den Wahlen doch etwas werden könnte. Etwa 40 Gruppierungen haben davon Gebrauch gemacht.
Mit Abstand das meiste Interesse erregte die Partei, die Thanathorn mitgegründet hat: die Anakhot Mai. Auf Deutsch heisst das Neue Zukunft. Die Partei selbst nennt sich auf Englisch Future Forward (Zukunft voraus). Sie sieht sich als Gegenentwurf zu den Altparteien, zu den ultraroyalistischen Parteigängern der traditionellen Elite (Gelbhemden) und zu den Anhängern von Ex-Regierungschef Thaksin Shinawatra (Rothemden). Ihre Parteifarbe: orange.
Wegen der geltenden Einschränkungen gibt es von ihr noch kein detailliertes Programm. Klar ist aber, dass sie mit einer neuen Verfassung zurück zur Demokratie und den Einfluss des Militärs eindämmen will. Ansonsten gibt sich Thanathorn sehr vorsichtig. «Ich weiss, dass ich mit der Gründung dieser Partei im Gefängnis landen kann.» Wenn er mit seinem Handy telefoniert, hält er sich neuerdings die Hand vor den Mund. Man soll nicht hören, was er sagt.
Die meisten Experten sehen für die Neue Zukunft gewisse Chancen, vor allem in der Hauptstadt. Allerdings zweifeln viele, dass sie sich auf die Schnelle zu einer ernsthaften Konkurrenz für die Altparteien entwickeln kann. Vor allem die Landbevölkerung - der grösste Teil der Wählerschaft - dürfte nur schwer zu gewinnen sein. Der Politik-Professor Pavin Chachavalpongpun sagt: «Auf dem Land haben sie keine Kraftbasis. Wenn sie sich da nicht erheblich verbessern können, ist die Chance auf einen Wahlerfolg nur sehr gering.»
Thanathorn sagt zu solchen Bedenken, ihm sei bewusst, dass man in der Politik einen langen Atem brauche. «Wenn wir Demokratie in unsere Gesellschaft zurückbringen wollen, brauchen wir vielleicht fünf Jahre, vielleicht zehn, vielleicht 20. Das ist ein Krieg von langer Dauer. Und die nächste Wahl wird nur die erste Schlacht sein.» Manchmal erwähnt er dann auch, dass er schon mehrere Ultramarathons gelaufen ist. Dieses Mal nicht, aber er fügt noch hinzu: «Ein bisschen Hoffnung ist besser als gar keine.»
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