Betongewordenes Prestige Diese Staatschefs setzen sich Monumente zu Lebzeiten

tsch

1.11.2018

In Istanbul ist ein neuer Flughafen eröffnet worden, der bald der weltgrösste sein soll – für Präsident Erdogan ein riesiges Prestigeprojekt. Es wäre nicht der erste Bau, mit dem sich ein Staatsmann zu Lebzeiten selbst ein Denkmal setzt.

Dass ein Staat seine grossen Politiker nach deren Tod ehrt, etwa indem Gebäude nach ihnen benannt werden, ist normaler Teil nationaler Erinnerungskultur. Etwas anders verhält es sich indes mit Staatschefs, die zu Lebzeiten Ehren-Bauten errichten lassen, um sich diese gewissermassen selbst zu widmen.

Aktuellstes Beispiel ist der türkische Machthaber Recep Tayyip Erdogan, der am 29. Oktober einen neuen Flughafen in Istanbul eröffnen wird. Das 2014 begonnene riesige Projekt, das aktuell noch den Namen «Neuer Flughafen Istanbul» trägt, soll einst der grösste Flughafen der Welt werden.

Die Idee für den Bau eines weiteren Grossflughafens wurde ins Auge gefasst, als sich Istanbul 2011 für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2020 bewarb. Ungeachtet des Zuschlags an Tokio soll der 9000 Hektar grosse Airport mit einmal jährlich 150 Millionen Passagieren den jetzigen Rekordhalter Atlanta übertreffen.

Ein Prestigebau für Erdogan

Für die Türkei ist es ein gigantisches Prestigeprojekt. Für Präsident Erdogan fast mehr als das. Ein «Monument des Sieges» nannte er den Bau bei der Grundsteinlegung. Wenn der Flughafen nun vier Jahre später eröffnet wird, entsteht damit auch ein Monument für den türkischen Machthaber. 

Das sieht man allein daran, dass für den grossen Festakt in den Terminals bereits gigantische Porträts Erdogans hängen. Und dann wäre da ja noch die Sache mit dem offiziellen Namen des Flughafens, der erst zur Eröffnung enthüllt wird: «Warum nicht Recep-Tayyip-Erdoğan-Flughafen?», schlug Ex-Verkehrsminister Ahmet Arslan bereits vor.

Wirklich überraschend wäre eine solche Selbstwidmung nach den letzten Jahren türkischer Regierungspolitik nicht. Auch angesichts der Tatsache, dass es in der Geschichte Dutzende Staatsoberhäupter gab, die sich zu Lebzeiten selbst Denkmäler setzten.

Neuer Istanbuler Flughafen soll einmal der grösste der Welt werden

Eine Stadt für den Herrscher

Manchmal sind diese Monumente sogar ganze Städte. So liess sich Kasachstans Staatsgründer und Präsident Nursultan Nasarbajew eine ganze Stadt errichten. Die Hauptstadt liess der Machthaber vor 20 Jahren verlegen, von Almaty ins heutige Astana.

Astana ist komplett auf das Staatsoberhaupt ausgerichtet: Eine Universität ist ebenso nach ihm benannt wie der Flughafen, eine gläserne Pyramide ehrt ihn genauso wie ein Aussichtsturm, auf dem man die Hand in den Handabdruck Nasabajews legen und auf dessen Präsidentenpalast blicken kann.

Dass sich mächtige Männer gern verewigen, ist auch in Afrika keine Seltenheit. So machte der erste Präsident der Côte d'Ivoire, Félix Houphouët-Boigny, in den 80er-Jahren kurzerhand sein Heimatdorf zur Hauptstadt des Landes. Damit der winzige Ort Yamoussoukro präsidialer wirkte, liess er dort die Notre-Dame de la Paix bauen, eine Replikation des Petersdomes in Rom. Über 300 Millionen Franken kostete das Wahnsinnsprojekt.

Wesentlich verbreiteter sind die vergleichsweise bescheidenen Skulpturen-Denkmäler, mit denen sich Staatsoberhäupter gern ewige Monumente schaffen. So wie der einstige senegalesische Präsident Abdoulaye Wade, der in Dakar eine gigantische bronzene Riesen-Plastik einer dreiköpfigen Familie aufstellen liess, das «Monument de la Renaissance africaine». Höhe: knapp 50 Meter. Wie viele Skulpturen in Afrika stammen sie aus einer Fabrik in Nordkorea.

Frankreichs mächtige Bauherren

Wer nun glaubt, Europas Staatsoberhäupter wären vor derlei gigantomanischen Anfällen gefeit, liegt falsch. Man schaue nur auf den ehemaligen französischen Präsidenten  Georges Pompidou, der das Land zwischen 1969 und 1974 regierte. Das nach ihm benannte, kunterbunte Centre Pompidou in Paris ist heute weltbekanntes Zentrum für moderne Kunst.

Auch einer seiner Nachfolger, François Mitterrand, klotzte lieber statt nur zu kleckern. Paris verdankt ihm nicht nur die Glas-Pyramide im Hof des Louvre, sondern mit dem 1989 errichteten «Grossen Bogen der Brüderlichkeit» auch einen eigenen Triumphbogen. 

Das Rennen um den höchsten Wolkenkratzer
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