Kinder wollen Klarheit Direktor von Samenbank soll eigenes Sperma verwendet haben

jfk/AFP

22.11.2018

Künstliche Befruchtung einer weiblichen Eizelle. (Archiv)
Künstliche Befruchtung einer weiblichen Eizelle. (Archiv)
Bild: Yvonne Hemsey/Getty Images

Der verstorbene Reproduktionsmediziner Jan Karbaat soll seinen eigenen Samen für Dutzende, möglicherweise Hunderte künstliche Befruchtungen eingesetzt haben. Seine potenziellen Nachkommen wollen vor Gericht Gewissheit erlangen.

Der niederländische Gynäkologe galt als Koryphäe auf seinem Gebiet. Er experimentierte nach eigenen Angaben bereits in den 1950er-Jahren mit künstlichen Befruchtungen, 1979 eröffnete er in Barendrecht seine eigene Institution names Bijdorp. 1995 teilte er der Süddeutschen Zeitung zufolge mit, 40'000 Kinderwünsche erfüllt zu haben. Karbaat exportierte weltweit Samenspenden. Doch 2009 wurde seine Klinik wegen Unregelmässigkeiten geschlossen. Bei der Inspektion kamen skandalöse Vorgänge ans Licht.

Zahnbürste Karbaats beschlagnahmt

Der letztes Jahr im Alter von 89 Jahren verstorbene Mediziner dokumentierte die Befruchtungen nicht nur extrem schlampig, er manipulierte zahlreiche In-Vitro-Fertilisationen, vermischte das Sperma mehrerer Männer. Die Chance auf Empfängnis sollte so erhöht werden, wie er später laut der «Süddeutschen» erklärte. 2017 schliesslich teilte der Anwalt von Karbaats Familie, Tim Bueters, mit, der Arzt habe selbst einmal erzählt, er sei der leibliche Vater von 60 künstlich befruchteten Kindern. Die Polizei beschlagnahmte mehrere persönliche Gegenstände Karbaats, darunter seine Zahnbürste, für DNA-Proben.

Viele der Nachkommen Karbaats kennen sich inzwischen untereinander, einige von ihnen treffen sich regelmässig. (Archiv)
Viele der Nachkommen Karbaats kennen sich inzwischen untereinander, einige von ihnen treffen sich regelmässig. (Archiv)
Bild: Remko de Waal/AFP/Getty Images

Rund 20 Niederländer hatten als potenzielle Nachkommen Karbaat schon länger vorgeworfen, sein eigenes Sperma verwendet zu haben. Ein Kind aus Karbaats Ehe stellte zum Abgleich freiwillig seine DNA zur Verfügung, wodurch ein Indiz für die Vaterschaft bei mindestens 19 Kindern gewonnen werden konnte. Doch die Betroffenen wollen Gewissheit und streiten vor Gericht für einen direkten DNA-Abgleich mit dem Verstorbenen, den seine Angehörigen unter Verweis auf ihre Privatsphäre ablehnen. Betroffene wie die 38-jährige Nathalie berichten der «Süddeutschen» von persönlichen Problemen und Erbkrankheiten, von denen sie nicht wissen, woher sie stammen.

Anonymität nur bei Altfällen

Die Verteidigerin der Familie Karbaat verweist auf die Gesetzeslage, wonach Samenspendern vor 2004 Anonymität zugesichert wurde. Vor diesem Zeitpunkt künstlich gezeugte Kinder haben in den Niederlanden rein rechtlich keinen Anspruch auf Auskunft über ihre Abstammung. Da in diesem Falle der ausführende Arzt sich selber ungefragt und ohne entsprechende Eignungstests zum Spender ermächtigt hat, könnte das Gericht jedoch von dieser Regelung abweichen. Das Urteil soll am 13. Februar fallen.

In der Schweiz besteht seit 2001 die gesetzliche Pflicht, die Identität von Samenspendern zu dokumentieren. Wenn ein Kind die Volljährigkeit erlangt, darf es erfahren, wer seine Erzeuger sind. Dem Beobachter gibt es hierzulande 7500 Spenderkinder, für die diese Regelung nicht gilt, da sie zwischen 1974 und 2000 in Schweizer Spitälern zur Welt kamen. Auch in der Schweiz wurde den Samenspendern in diesem Zeitraum zugesichert, ihre Anonymität zu schützen. Allerdings stellen kostengünstige Gentests via Internet diese Altfallregelung zusehends infrage. Viele Spenderkinder erfahren ihre Herkunft auch gegen den Willen ihrer Erzeuger.

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