BundesgerichtDrogenhandel: Bundesgericht pfeift Waadtländer Justiz zurück
aula, sda
24.2.2021 - 12:41
Das Bundesgericht hat die Waadtländer Justizbehörden scharf gerügt. Diese überwachten mutmassliche Drogenhändler im Ausland ohne Zustimmung der ausländischen Behörden. Damit würden die Türen für Spionage in der Schweiz geöffnet.
Im Rahmen eines Verfahrens im Zusammenhang mit dem Handel mit Kokain, Haschisch und Marihuana hat die Staatsanwaltschaft Waadt-Ost die Installation von GPS-Sendern und Mikrofonen in den Autos der Verdächtigen und das Abfangen ihrer Telefongespräche angeordnet. Die mutmasslichen Drogenschmuggler reisten durch Frankreich, Spanien, die Niederlande und Deutschland. Ausserdem hatten sie auch Kontakte zum Kosovo und zu Albanien.
Nach einem Rekurs eines der drei mutmasslichen Kriminellen befahl das Bundesgericht den Waadtländer Behörden im November 2019, festzustellen, welche rechtlichen Bestimmungen in den verschiedenen Staaten gelten. In Ermangelung von Verträgen, welche solche geheimen Überwachungsmasssnahmen ohne vorherige Zustimmung erlauben, haben die Bundesrichter die Vernichtung der ausserhalb der Grenzen gesammelten Daten gefordert.
Anweisung ignoriert
Der Staatsanwalt befolgte diese Anweisung jedoch nicht, wie Ludovic Tirelli, Anwalt einer der drei Antragsteller, der Nachrichtenagentur Keystone-sda sagte. Anstatt das anwendbare Recht zu überprüfen, fragte die Staatsanwaltschaft die ausländischen Behörden an, ob sie nachträglich die Verwendung der auf ihrem Hoheitsgebiet gesammelten Beweise zulassen würden.
Paris, Madrid, Den Haag und Berlin gaben ihre Zustimmung. Aber auch das Waadtländer Kantonsgericht beurteilte die nachträgliche Legalisierung der Beweissammlung als ausreichend. Das Bundesgericht hingegen betrachtete diese Vorgehensweise als inakzeptabel und ordnete die Vernichtung der Beweise an.
In Urteilen vom 15. Februar unterstreichen die Bundesrichter, dass die Waadtländer Justiz auch bei Zustimmung der betroffenen Länder nicht auf die Analyse des geltenden Rechts verzichten könne.
Spionage quasi legalisiert
Die Bundesrichter stellten fest, dass die Staatsanwaltschaft keine vorherige Genehmigung via die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) beantragt hat. Dass das IRSG auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit beruht, würde die Tolerierung dieser Praxis bedeuten, «die Erfassung von Daten in Echtzeit auf Schweizer Territorium durch ausländische Behörden ohne das Wissen von Bern zuzulassen», schreibt das Bundesgericht. Mit anderen Worten: es würde bedeuten, Spionage zuzulassen.
Das Bundesgericht ordnete deshalb erneut die Vernichtung der in Frankreich, Spanien, Deutschland, den Niederlanden, dem Kosovo und Albanien gesammelten Standortdaten und Gespräche an.
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