Entführung Entführte achtjährige Mia aus Frankreich in der Waadt gefunden

tl

18.4.2021 - 17:11

In dieser ehemaligen Fabrik in Sainte-Croix im Kanton Waadt hatte sich die Mutter mit der achtjährigen Mia versteckt.
In dieser ehemaligen Fabrik in Sainte-Croix im Kanton Waadt hatte sich die Mutter mit der achtjährigen Mia versteckt.
Keystone

Das entführte französische Mädchen Mia und ihre Mutter sind am Sonntag in einem besetzten Haus in Sainte-Croix in der Waadt gefunden worden. In einer generalstabsmässigen Operation war die 8-Jährige am Dienstag in den Vogesen auf Geheiss der Mutter verschleppt worden.

Keystone-SDA, tl

Die Entführer gingen bei ihrer Aktion in einem Dorf zwischen Colmar und Epinal entschlossen vor, vergleichbar mit einer militärischen Operation, wie François Pérain von der Staatsanwaltschaft im nordostfranzösischen Nancy vor den Medien sagte. Ihnen sei ein Spesenbudget von 3000 Euros zur Verfügung gestanden für ihre Operation, die sie selbst unter der Bezeichnung «Lima» ausführten.

Die Ermittlungen ergaben laut der Freiburger Kantonspolizei, dass die Mutter eine erste Nacht in einem Bed and Breakfast in Lully bei Estavayer-le-Lac FR verbracht hatte, bevor sie von einer Frau in Neuenburg beherbergt und in diesem besetzten Gebäude in Sainte-Croix abgesetzt wurde. Ein 41-jähriger Franzose mit Wohnsitz in Freiburg hatte Mia und die Mutter am Mittwoch mit dem Auto in die Schweiz gebracht.

Der Befreiungseinsatz in Sainte-Croix sei am späten Sonntagvormittag beendet worden, bestätigte die Waadtländer Polizei gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Fall wurde anschliessend von der Freiburger Polizei übernommen.

«Zwei französische Polizeibeamte wurden auf Schweizer Territorium eingesetzt, um ihre Schweizer Kollegen zu unterstützen», sagte der Staatsanwalt in Nancy und dankte den Schweizer Behörden für deren Unterstützung. Mia sei «bei guter Gesundheit» und werde an ihre Grossmutter übergeben.

200 Sicherheitskräfte im Einsatz

Insgesamt waren an der Suche nach Mia und den Ermittlungen in dem Fall rund 200 Sicherheitskräfte beteiligt – in der Schweiz unter Federführung des Bundesamtes für Polizei (fedpol) Polizeikräfte aus den Kantonen Jura, Wallis, Freiburg, Neuenburg und Waadt.

Das Mädchen war am Dienstag von drei Männern in den Vogesen im Dorf Poulières entführt worden, wo es sich bei seiner Grossmutter aufgehalten hatte. Die Mutter des Mädchens, die das Kind nicht mehr alleine sehen durfte, soll die Entführung in Auftrag gegeben haben.

Die 28-jährige Mutter sei von den Schweizer Behörden in Gewahrsam genommen worden, zitierte die Nachrichtenagentur AFP den Staatsanwalt in Nancy. Auf Schweizer Seite sei auch eine weitere Person festgenommen worden.

Angeblich vom Jugendamt

In dem Fall wurden in Frankreich seit Dienstag fünf Verdächtige in Polizeigewahrsam genommen, drei von ihnen sollen sich gegenüber der Grossmutter als Beamte des Jugendamtes ausgegeben haben. Die beiden anderen sollen bei der Vorbereitung und Übergabe mitgewirkt haben. Bei einem sechsten ist die Identifizierung noch nicht abgeschlossen.

Behörden zufolge hatte die Mutter «am Rande der Gesellschaft» leben wollen und nicht gewollt, dass sich jemand in ihr Leben oder dasjenige ihrer Tochter einmische.

Den Ermittlern zufolge sind die Verdächtigen nicht vorbestraft, aber bereits im Visier der Anti-Terrorstaatsanwaltschaft gewesen. Im Haus eines Mannes seien Materialien entdeckt worden, mit denen wahrscheinlich Sprengstoff hergestellt werden könne.