Im Ferienresort Andermatt sind die letzten Arbeiten an der neuen Konzerthalle im Gange. Am 16. Juni gastieren die Berliner Philharmoniker im Bergdorf zur Einweihung. Der Saal hat eine bewegte Architekturgeschichte und ein künstliches Nachhall-System.
Wenn das Berliner Orchester zur feierlichen Eröffnung die ersten Töne von Mozarts Symphonie Nr. 34 in C-Dur anstimmt, wird das Publikum auf den 650 Sitzplätzen im neuen Konzertsaal mehr Nachhall hören, als es der Raum eigentlich zulässt. Schuld daran ist Amadeus von Rhode. So heisst das Nachhall-System, das Akustiker Evan Green vor der Eröffnung feinjustiert. Mehrere hunderttausend Franken kostet es.
Die technische Installation erweitert das Nutzungsspektrum des Saals. Denn die 5340 Kubikmeter Raum sind wohl genügend Volumen für ein Kammerkonzert, für ein grosses Orchester aber knapp. «Denn je grösser ein Orchester, desto höher sind die Erwartungen an den Hall», erklärt Green, der seit Anfang der Planung vor zwei Jahren an dem Bau beteiligt war.
So habe man neben der Optimierung der Raumakustik mit Reflektoren und entsprechender Architektur das künstliche Nachhall-System eingebaut. 25 Mikrofone hängen von der Decke im Saal, über 60 Lautsprecherboxen sind kaum sichtbar in Wände und Decke eingelassen.
Technische Nachhilfe
Ihre Aufgabe ist es, den Ton etwas länger nachhallen zu lassen, ohne dass Musiker und Zuhörer etwas von der technischen Nachhilfe bemerken. Tontechniker und Akustiker definieren nun drei bis sechs Einstellungen, die für den jeweiligen Anlass ausgewählt werden – von der Kammermusik, über Sprechveranstaltungen bis hin zum Orchesterkonzert.
Solche Systeme kommen laut Green schon seit über 20 Jahren zum Einsatz, in der Regel werde der natürliche Hall aber fast gänzlich durch den künstlichen ersetzt. In Andermatt dagegen setze man auf eine Hybrid-Lösung. «Wir wollten, dass der Saal auch ohne die Verstärkung klingt.» Und das, versicherte Green, tue er. Der professionelle Gitarrist hat es eigenhändig ausprobiert.
Für einen Konzertsaal gar einzigartig sei der Blick in die Berge. Der Raum verfügt über eine grosse Fensterfront. Das Parkett bietet Platz für eine Bühne für ein 75-köpfiges Orchester, acht Zuschauerreihen lassen sich mechanisch ausfahren. Auf dem Balkon sind noch einmal sechs feste Zuschauerreihen installiert.
Vom Kongress- zum Konzertsaal
Ursprünglich war der Saal als Kongress- und Tagungsraum im Untergeschoss des Hotels Radisson Blu geplant. Doch eine Konzerthalle von höchstem Niveau – zum Preis hält man sich bedeckt – sei eine Herzangelegenheit von Investor Samih Sawiris gewesen, sagte Stefan Kern, Sprecher von Andermatt Swiss Alps.
Die Architekten um Christina Seilern entfernten darum einen Teil der Decke und verdoppelten damit beinahe das Raumvolumen. Entsprechend nennt sie das Projekt einen «Wirbelwind». Obwohl die Öffnung für den Klang eine Wohltat ist, machte den Tontechnikern ein Detail zu schaffen.
Ein Rest der ehemaligen Decke thront über der Bühne in den Raum hinein. Diesen hätte Green gerne abgeschrägt, aus akustischen Gründen. Alleine, darunter verläuft ein Betonträger, auf dem ausserhalb des Gebäudes Feuerwehrautos passieren können müssen.
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