Albumrelease (1.11.) Faber veröffentlicht sein zweites Album

SDA

25.10.2019 - 14:23

Faber übt sich in Zurückhaltung: Der Ruf eines Polarisierenden, der dem Zürcher Musiker spätestens seit dem Song «Das Boot ist voll» nachhängt, behagt ihm nicht. (Keystone/Gaetan Bally)
Faber übt sich in Zurückhaltung: Der Ruf eines Polarisierenden, der dem Zürcher Musiker spätestens seit dem Song «Das Boot ist voll» nachhängt, behagt ihm nicht. (Keystone/Gaetan Bally)
Source: Keystone/GAETAN BALLY

Faber, der Gesellschaftskritiker, der Polarisierende, ist in Wahrheit nicht wohl mit diesem Image. Der Zürcher Musiker kann sich gut vorstellen, einen Kiosk zu betreiben, anstatt auf Tour zu gehen – doch nun erscheint erst einmal sein Album «I Fucking Love My Life».

Es macht nicht nur den Eindruck, als würden Journalisten Faber mehr auf politische und gesellschaftliche Themen ansprechen als auf seine Musik. «Es ist so, ich habe mich daran gewöhnt», sagt der 26-Jährige, der eigentlich Julian Pollina heisst, im Gespräch mit Keystone-SDA.

Angefangen hat diese Tendenz nicht erst, aber insbesondere mit der Veröffentlichung der Single «Das Boot ist voll» im vergangenen Sommer. Aufgrund derber, an den «besorgten Bürger» gerichteter Textpassagen galt der Song schlagartig als kontrovers. Der deutsche Popkritiker Linus Volkmann warf dem Musiker gar «Vergewaltigungsphantasien gegen rechts» vor.

Inzwischen hat Faber die umstrittenen Zeilen geändert. Dadurch ist seine Abrechnung mit Holocaust-Leugnern, der Flüchtlingspolitik und Fake News nicht weniger unmissverständlich geworden, doch immerhin steht nun wieder die Kernbotschaft im Zentrum. Oder eben die Musik; die wellenartig aufschäumende und wieder in Stille verschwindende Klaviermelodie, die in Kombination mit der erst sehr tiefen und immer wütender werdenden Stimme unter die Haut geht.

Zurück zur Zurückhaltung

Faber fühlt sich oft unwohl in der Gesellschaft, in der er lebt. Umgekehrt solle auch sie sich unwohl fühlen, sagt er. Wäre er in der Position, zu bestimmen, wie die Welt in seinen Augen aussehen sollte, «dann würde ich mich allerdings vor der Verantwortung drücken». Die Beobachterrolle gefalle ihm besser.

Geht es um globale Ungerechtigkeiten (wie in «Das Boot ist voll»), dann schaut Faber von aussen auf die Gesellschaft, ist ernst und schiesst scharf. Kritisiert er das Konsumverhalten, Oberflächlichkeiten oder kleinkariertes Denken, dann richtet er die Kritik auch auf sich selbst und übt sich in Selbstironie. «In den meisten Fällen kann ich mich leider nicht ausnehmen», sagt er.

Durch die Diskussionen, die «Das Boot ist voll» ausgelöst hätten, habe er allerdings eine weitere Eigenschaft an sich entdeckt, die er lange verdrängt habe: die Zurückhaltung. Faber will mit seiner Musik nichts Bestimmtes auslösen, erst recht will er keinen Streit. «Ich bin natürlich schon der Meinung, dass einen Kunst ins Gesicht schlagen darf», sagt er. «Aber eine polarisierende Person zu sein, bei der niemand weiss, woran er ist, das ist schrecklich für mich. Überhaupt würde Faber viel lieber nur über Liebe singen, anstatt über politische Themen. «Ich wünschte mir, das wäre nicht mehr nötig.»

Ein wichtiges Jahr steht bevor

Es ist undenkbar, an so schönen Zeilen wie «ich hab mehr Highlight im Gesicht als im Leben» («Highlight») oder «vielleicht wär’s viel leichter allein» («Sag mir wie du heisst (pt.2)«) vorbei zu hören. Doch theoretisch wäre es möglich, auch ohne Text in Fabers Musik zu versinken.

Zwar haben die Songs, wie der Künstler selbst sagt, «immer diese eine Ästhetik». Doch wenn man genau hinhört, sind auf «I Fucking Love My Life» zahlreiche Stile erkennbar. Eine Melodie kann wie eine Party klingen, fröhlich, ausgelassen, da, um zu feiern. Oder aber wie die Musik in einem alten Film, der ein Ende hat, von dem man nicht weiss, ob es einen gerade sehr glücklich oder sehr traurig macht.

Faber würde gerne noch viel weiter gehen und Stile wie Trap, Schlager, Jazz, Rock und House einfliessen lassen. «Ich mische alles, das mir wichtig ist», sagt er. Gerne auch so, dass die Musik im Kontrast zum Text steht. «Ich finde es halt lustig, wenn sich die Leute bewegen und erst dann merken, wozu sie eigentlich tanzen.»

Was noch kommt, kann Julian Pollina nicht sagen. Im Moment ist er sich nicht einmal sicher, ob er ewig in diesem Umfang Musik machen will. Oder vielleicht doch eher mal einen eigenen Kiosk betreiben oder als Hausmusiker im immer gleichen Club spielen möchte. Sicher ist nur: «Für das Jahr 2020 habe ich mir vorgenommen, erwachsen zu werden.»

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