Urheberrechte Gemeindepräsident von St. Moritz in Zürich vor Gericht

fn, sda

3.5.2021 - 18:37

Christian Jott Jenny, Gemeindepräsident von St. Moritz, muss sich in Zürich vor Gericht verantworten.
Christian Jott Jenny, Gemeindepräsident von St. Moritz, muss sich in Zürich vor Gericht verantworten.
KEYSTONE/Gian Ehrenzeller (Archivbild)

Der Gemeindepräsident von St. Moritz, der Zürcher Christian Jott Jenny, muss sich am 19. Mai vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten. Der 42-jährige Entertainer ist wegen Urheberrechtsverletzung angeklagt.

Keystone-SDA, fn, sda

Seine Produktionsfirma «Amt für Ideen» soll ohne Erlaubnis Liedtexte geändert haben. Bei der Anklage geht es um die «Trittligass-Balladen», die der Entertainer zwischen August 2017 und Juni 2018 insgesamt 22 Mal in Zürich aufgeführt hatte.

Jenny war Initiator und mit seinem «Amt für Ideen» Produzent dieser Produktion, bei der acht Stücke des Musicals «Eusi chlii Stadt» sowie das Lied «Lueg vo de Langstrass unne» verwendet wurden.

Urheber dieser Schweizer Klassiker war der 1982 verstorbene Werner Wollenberger. Der Staatsanwalt wirft Jenny nun vor, bei den Erben Wollenbergers, seiner Witwe und seinem Sohn, nicht um Erlaubnis gefragt zu haben, die Texte abzuändern.

«Mis Dach isch de Himmel vo Züri»

Auf 15 Seiten werden in der Anklageschrift, die der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vorliegt, sämtliche Passagen aufgeführt, welche Jennys Produktionsfirma änderte.

Statt mit der Zeitung «Tat», die es seit 1978 nicht mehr gibt, deckt sich der Obdachlose in «Mis Dach isch de Himmel vo Züri» etwa mit dem Strassenmagazin «Surprise» zu. Dieses abgeänderte Stück sang Jenny auch bei der Trauerfeier für Obdachlosenpfarrer Ernst Sieber.

Im Lied «Stand uuf chliini Stadt» gibt es plötzlich Probleme mit dem WLAN, im Lied «Am Bellevue» kommen Justin Bieber sowie Prinz William und Herzogin Kate vor. Neben den modernisierten Passagen zählen für den Staatsanwalt auch weggelassene Strophen als Textänderung.



Staatsanwalt fordert Geldstrafe

Für den Staatsanwalt ist klar, dass Jenny damals in erster Linie von seinem Kulturschaffen gelebt und somit von den abgeänderten Texten profitiert habe. Er fordert für Jenny deshalb eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 370 Franken, also 33'300 Franken, allerdings bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren.

Keine Probezeit soll der Entertainer jedoch für die ebenfalls geforderte Busse von 8300 Franken erhalten. Diese soll er bezahlen. Jenny will sich vor dem Prozess nicht zu den Vorwürfen äussern.

Polit-Quereinsteiger

Kurze Zeit nach der Aufführung der «Trittligass-Balladen» schaffte Jenny die Sensation: Der Polit-Quereinsteiger wurde im Oktober 2018 zum Gemeindepräsidenten von St. Moritz gewählt, wo er zuvor als schillernder Organisator des Festival da Jazz bekannt war. Seit Januar 2019 ist er nun Gemeindepräsident des Nobelortes.