KlimawandelGlaziologe: Wissenschaftler fliegen zu viel
SDA
12.8.2020 - 15:16
Der Glaziologe Michael Zemp von der Uni Zürich (UZH) findet, Forscher sollten als gute Beispiele vorausgehen und weniger fliegen. Denn der exzessive Flugverkehr sei mit schuld am Klimawandel und dieser wiederum lässt Gletscher «unter unseren Füssen wegschmelzen».
«Ich werde wirklich emotional, wenn ich sehe, dass sich zum Beispiel der italienische Caresèr bald ganz auflösen wird», wird der Glaziologe vom Geographischen Instituts der UZH in einer Mitteilung vom Mittwoch zitiert. Er hält eine Reduktion von Flugreisen im Wissenschaftsbetrieb für unverzichtbar.
Der Flugverkehr sei explosiv gewachsen und werde oft gedankenlos genutzt. Der CO2-Fussabdruck der Wissenschaft sei im Vergleich mit anderen Berufssparten besonders gross. Laut Studien fliegen Akademiker 72 Prozent häufiger als Nichtakademiker.
Ein Flug kostet 50 Tonnen Gletschereis
Internationaler Austausch und persönliche Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen sind für eine Karriere in der Forschung wichtig. Gerade Nachwuchsforschende sollten an renommierten Hochschulen und für ihr Fach relevanten Tagungen Vorträge halten können.
Aber ein Flug nach Harvard «kostet uns rund 50 Tonnen Gletschereis pro Passagier», hat Zemp ausgerechnet. Und der Langstreckenflug verbraucht 3’250 Kilogramm CO2 pro Forschendem, fast 1’000 Kilogramm mehr als das empfohlene und klimaverträgliche Jahresbudget einer Person.
Lösung: Meetings regional aufsplitten
Doch die erforderlichen Meetings könnten auch regional aufgesplittet werden. Als Direktor des World Glacier Monitoring Service hat Zemp die letzte Generalversammlung 2019 als drei regionale Meetings in Europa, Asien und Südamerika durchführen lassen. Mit der kürzeren Anreise für die meisten Konferenzteilnehmer sei nur halb so viel CO2 angefallen wie bei einer Generalversammlung in Zürich. Und es habe erst noch mehr gebracht, da in den kleineren Gruppen die Kommunikation reger gewesen sei.
Dass das Nachhaltigkeitsteam der UZH Handlungsempfehlungen zu Mobilität und Dienstreisen herausgegeben hat, begrüsst Zemp sehr: «Um gesellschaftlich glaubwürdig zu sein, muss die Universität in puncto Nachhaltigkeit mit gutem Beispiel vorangehen.» Während der Coronakrise haben viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemerkt, dass virtuelle Meetings ebenso gut, wenn nicht sogar produktiver sein können – und nichts kosten.
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