Guanziroli am Gericht Exekution auf offener Strasse: War es der Ehemann?

Von Silvana Guanziroli

20.8.2018

Hier kam es vor neun Jahren zu den verhängnisvollen Schüssen: Die 41-jährige Frau wollte in ihren Wagen steigen, als sie regelrecht mit fünf Schüssen hingerichtet wurde.
Hier kam es vor neun Jahren zu den verhängnisvollen Schüssen: Die 41-jährige Frau wollte in ihren Wagen steigen, als sie regelrecht mit fünf Schüssen hingerichtet wurde.
Bild: Google

Vor neun Jahren verlässt die Bengalin Basanta* frühmorgens ihre Wohnung in Zürich. Sie will nur zur Arbeit und gerät in einen Hinterhalt. Mit fünf Schüssen wird sie regelrecht niedergestreckt. Lange rätselte die Polizei, wer hinter der Tat steckt. Am Mittwoch kam es endlich zum Prozess: Vor Gericht stand ihr eigener Ehemann.

Diese Tat schockierte auch die abgebrühtesten Ermittler. Für sie war es eine regelrechte Exekution, die sich an diesem frühen Oktobermorgen 2009 in einer Quartierstrasse in Zürich ereignete. Mindestens fünf Schüsse feuerte der Täter auf die 41-jährige Frau ab. Aus nächster Nähe traf er sie ins Gesicht, in den Hinterkopf, in den Bauch, in den Oberschenkel und in die rechte Hand. 

Die zweifache Mutter hatte keine Chance, sie sackte zusammen und erlag noch am Tatort ihren schwersten Verletzungen. Lange galt dieses Tötungsdelikt als eines der wenigen ungeklärten im Kanton Zürich. Die Polizei setzte für Hinweise, die zur Lösung des Falles führten, sogar eine Belohnung von 10'000 Franken aus. 

Dabei fiel der Verdacht schnell auf Basantas Ehemann: Der heute 63-jährige Koch präsentierte sich zunächst als trauernden Gatten. Fassungslos und weinend zeigte er sich am Tattag Landsleuten am Fenster der Wohnung. Doch seine Geschichte bekam schnell Risse, als die Ermittler erfuhren, dass Basanta eine aussereheliche Affäre hatte und ihren Mann verlassen wollte.

Das Paar aus Bangladesch hatte 1996 geheiratet. Die arrangierte Ehe sei nie glücklich gewesen, wie es von Seiten der Angehörigen immer wieder heisst. Aus der Verbindung stammen zwei Kinder, die heute 15- und 21 Jahre alt sind.

In der Brauerstrasse im berühmt-berüchtigten Kreis vier in Zürich hat sich der Bengale mit einer Waffe und der passenden Munition eingedeckt. Damit ist es für die Staatsanwaltschaft erwiesen, dass der Mann die Tötung seiner Frau geplant hatte.
In der Brauerstrasse im berühmt-berüchtigten Kreis vier in Zürich hat sich der Bengale mit einer Waffe und der passenden Munition eingedeckt. Damit ist es für die Staatsanwaltschaft erwiesen, dass der Mann die Tötung seiner Frau geplant hatte.
Bild: Google

Mann streitet Tat vehement ab

Kurz nach der Tat verhaftete die Polizei den Ehemann. Sieben Monate sass er in Untersuchungshaft. Die Tötung seiner Frau stritt er aber stets ab. Aus Mangel an Beweisen blieb den Behörden nichts anderes übrig als ihn im Mai 2010 zu entlassen. Die Freilassung begründete die Staatsanwältin damit, dass keine Kollusions- und Fluchtgefahr bestehe und eine Pass- und Schriftensperrung erlassen worden sei. Doch der Mann blieb für die Untersuchungsbehörden der Hauptverdächtige. 

All die Jahre lief die Untersuchung der Staatsanwaltschaft weiter. Die Ermittler sammelten Beweise und Indizien. Das führte sie bis in die USA und nach Bangladesh, wo Basantas Angehörige leben. Nun reichen die gesammelten Hinweise offenbar aus, den Mann vor Gericht zu stellen. 

«Er hat seine Ehefrau unerbitterlich auf perfide und hinterhältige Art und Weise auf offener Strasse gleichsam einer Hinrichtung brutal exekutiert.»

 
Zürcher Staatsanwaltschaft für Gewaltdelikte IV

Die Zürcher Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der Ehemann seine Frau besonders skuppellos getötet hat. Sie beantragt in ihrer Anklageschrift, die «Bluewin» vorliegt, eine Verurteilung wegen Mordes. Gemäss Art. 112 des Schweizerischen Strafgesetzbuch ist dafür eine lebenslängliche Freiheitsstrafe oder eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren vorgesehen. Der Prozess startet am Mittwoch um 8.15 Uhr vor dem Zürcher Bezirksgericht.

Für eine Mord-Anklage muss der Täter besonders skrupellos gehandelt haben. Im Fall des Ehemanns ist die Staastsanwaltschaft davon überzeugt. Schliesslich habe er sich in einer Bar in Zürich eine Waffe der Marke «Browning» und die entsprechende Munition dafür besorgt. Besonders skrupellos sei zudem gewesen, dass «er seine Ehefrau unerbitterlich auf perfide und hinterhältige Art und Weise auf offener Strasse geleichsam einer Hinrichtung brutal exekutierte», wie es in der Anklageschrift heisst.

Das Urteil wird am Donnerstag erwartet.

* Name von der Redaktion geändert.

«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert. silvana.guanziroli@swisscom.com.
«Bluewin»-Redaktorin Silvana Guanziroli ist als Gerichtsberichterstatterin an den Zürcher Gerichten akkreditiert. In ihrer Serie «Guanziroli am Gericht» schreibt sie über die spannendsten Strafprozesse, ordnet ausgefallene Kriminalfälle ein und spricht mit Experten über die Rolle der Justiz. Guanziroli ist seit über 20 Jahren als Nachrichtenjournalistin tätig und hat die Polizeischule der Kantonspolizei Zürich absolviert. silvana.guanziroli@swisscom.com.
Bilder des Tages
Zurück zur Startseite