Zürcher Obergericht Heimlich Kondom entfernt – Richter verneint Schändungs-Vorwurf

gusi

28.11.2019

Die Frau bestand auf die Verwendung eines Kondomes, doch während des Geschlechtaktes war es plötzlich verschwunden.
Die Frau bestand auf die Verwendung eines Kondomes, doch während des Geschlechtaktes war es plötzlich verschwunden.
Keystone

In den USA hat dieses Verhalten bereits einen Namen: «Stealthing», auf Deutsch Verstohlenheit. Damit wird das heimliche Abstreifen des Kondoms bezeichnet. Das Zürcher Obergericht hat nun einen Beschuldigten vom Vorwurf der Schändung freigesprochen.

Das Verhalten sei zwar moralisch verwerflich, aber es gebe keine Gesetzesgrundlage, die es verbiete, begründet das Obergericht heute sein Urteil. 

Der Fall handelt von zwei Studenten. Sie lernten sich über die Dating-App Tinder kennen. Bei ihrem Treffen war sie 19 Jahre alt, er 20. Nach dem ersten Date kam es in der Wohnung der jungen Frau zu einvernehmlichem Sex. Alles andere als einvernehmlich war allerdings, dass während des Geschlechtverkehrs plötzlich das Kondom verschwand.

Die junge Frau zeigte den Sexualpartner daraufhin an. Sie lebte in den folgenden Wochen mit der Angst, sich mit HIV angesteckt haben zu können.

Der Staatsanwalt forderte deshalb eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten wegen Schändung. Die junge Frau habe klar gesagt, dass sie Sex nur mit Kondom wolle. Das sei keine Bagatelle.

Gesetzeslücke beim «Stealthing»

Für den Anwalt war das jedoch kein sexueller Übergriff, sondern ein «Unfall infolge fehlender Verständigung». Sein Mandant sei der Überzeugung gewesen, dass sie vom fehlenden Kondom gewusst habe.

Die Vorinstanz, das Bezirksgericht Bülach, hatte den Aussagen der Frau auch vollständig geglaubt. Es sprach den Studenten jedoch frei, weil es für «Stealthing» keine Gesetzesgrundlage gebe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Präzedenzfall existiert

Dabei existiert bereits ein rechtsgültiges Urteil bezüglich «Stealthing»  in der Schweiz. Vor zwei Jahren sprach ein Waadtländer Kantonsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall den Mann wegen Schändung schuldig. 

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