Zerschlagener Ritterorden Historiker vermutet Templerschatz unter altem englischen Herrenhaus

uri

15.8.2021

Vor mehr als 700 Jahren starb der letzte Grossmeister des Templerordens in Paris auf dem Scheiterhaufen. Der sagenumwobene Schatz der Elite-Kämpfer ist bis heute nicht gefunden – ein britischer Historiker hat aber einen Verdacht.

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Der Ritterorden der Templer einwickelte sich zur Zeit der Kreuzzüge im Heiligen Land und Europa zu einem wichtigen Machtfaktor. Und während die Ritter selbst das Gelübde der Armut ablegten, wurde ihr Orden reich. Sein grosser Besitz weckte denn auch die Gelüste des notorisch klammen Königs von Frankreich, Philipp des Schönen. Unter dem Vorwand der Ketzerei und der Sodomie wurde den Templern der Prozess gemacht, der vom französischen König abhängige Papst Clemens V. löste den Orden im Jahr 1312 auf.

Die Güter der Templer gingen anschliessend auf die Johanniter über. Bis heute ist der Verbleib des mobilen Vermögens aber nicht geklärt. Beim sogenannten «Templerschatz» soll es sich um Gold, Pfandbriefe und goldverziertes Mobiliar handeln. Manche hängen zudem der fantastischen Vorstellung an, die Ritter hätten sich im Heiligen Land auch in den Besitz der mythenbeladenen Kultgegenstände der Bundeslade und des Heiligen Grals gebracht.



Historisch verbürgt scheint, dass bei der Verhaftungswelle der Templer in Frankreich im Jahr 1307 nur wenig Wertvolles beschlagnahmt wurde. Das wiederum könnte daran liegen, dass die Aussage des Ordensmitglieds Jean de Chalon vor dem Papst stimmte. Der erklärte im Jahr 1308, dass einen Tag vor den Verhaftungen 50 Pferde den Schatz aus dem wichtigen französischen Hauptquartier der Ritter im Pariser Temple abtransportierten. Danach sei der Schatz auf 18 Schiffe mit unbekanntem Ziel verladen worden.

Strategisch einzigartig gelegenes Haus

Der britische Historiker David Adkins glaubt, dass Kostbarkeiten der Templer unter dem historischen Sinai Park House bei Burton upon Trent in Mittelengland gelandet sein könnten. Der 50-Jährige hat in der Vergangenheit bereits einen rund 40 Jahre lang verschollenen Schädel einer Frau aus der Bronzezeit wieder aufgespürt. Nun verdichten sich für ihn die Hinweise zwischen dem Ort und den Templern.

Für bedeutsam hält Adkins zunächst, dass das Gründungsmitglied des Templerordens, Hugo von Payns, der auch als erster Grossmeister fungierte, familiäre Bindungen in die Gegend gehabt habe. Einer der Nachfahren des Grossmeisters, Baron William Paget, soll dann einige Generationen später die nahegelegene Abtei von Burton in seinen Besitz gebracht haben, um  sie kurz darauf komplett abtragen zu lassen, wie Adkins der «Manchester Evening News» darlegt.

Er vermutet, dass das Geheimnis über den Verbleib des Templerschatzes in der Familie weitergegeben worden sei. Paget habe versucht, den Schatz zu finden: «Was auch immer ihn dazu gebracht hat, es war stark genug für ihn, zuerst die Ländereien zu erwerben und dann die Gebäude Stein für Stein abzutragen.»

Dass Paget den Schatz nicht in der Abtei entdeckte, dürfte laut Adkins hingegen daran liegen, dass die Abtei schon früh das Sinai House erworben hatte und zwar mit einem Zweck: Dort den Schatz dort zu verstecken. Das Haus sei nämlich «strategisch und geografisch einzigartig gelegen»: Es befinde sich Mitten in England fernab einer Küste und sei schwer für ausländische Aggressoren zu erreichen. Zudem habe es sich unter dem Schutz einer mächtigen Abtei befunden, sei aber gleichzeitig so abgelegen, dass es fast vom Radar verschwinde.

Unter dem Haus befindet sich ein riesiges Höhlensystem

Für die Zwecke der Templer habe es sich aber vor allem auch aus einem weiteren Grund angeboten. Laut einem Geologen stehe das Fachwerkhaus nämlich über einem gigantischen natürlichen Höhlensystem, in das sogar die gesamte Westminster Abbey in London passen würde. Forscher hätten bereits im 19. Jahrhundert, einen entsprechenden Geheimgang im Sinai Haus freigelegt, den sie jedoch wegen giftigen Dämpfen nicht weiter erkundeten. Man habe das Tor des Kellers daraufhin zugemauert.

Adkins zeigt sich denn auch gegenüber der «Manchester Evening News» überzeugt: «Wenn man die physischen, geografischen, strategischen und religiösen Faktoren des Sinai-Hauses berücksichtigt, kann es kaum Zweifel geben, dass es der wahrscheinlichste Ort in England für den Templerschatz war.» Kritikern, die ihm entgegenhalten, dass die Theorie reichlich konstruiert daherkommt, hält er entgegen: «Sucht mir ein anderes altes Haus, ... das auf einem Labyrinth von Tunneln steht, die neimals erforscht wurden und das zudem Verbindungen zu den Templern hat.»

Eine ordentliche Skepsis scheint bei der Schatzgeschichte natürlich dennoch angebracht. Schliesslich ist noch gar nicht solange her, dass ein deutsch-polnisches Schatzgräberduo weltbekannt wurde, weil es angeblich ganz nah einem womöglich mit Gold beladenen Zug der Nazis im polnischen Walbrzych dran war. Die beiden Männer gaben zuletzt frustriert auf – der Goldzug rattert hingegen weiter durch das Reich der Legenden. Ein genauerer Blick ins Tunnelsystem unter dem Sinai Haus könnte sich hingegen auch in einem anderen Fall lohnen – für Geologen.