Brückeneinsturz in GenuaHoffnung auf Überlebende in Genua schwindet
DPA/uri
16.8.2018
Zwischen Klötzen aus Beton suchen die Retter in Genua weiter nach Vermissten, doch am zweiten Tag nach dem verheerenden Brücken-Einsturz in Genua schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. In der Nacht waren noch Stimmen zu hören, jetzt sind sie verstummt.
Bis zu 20 Vermisste könnten der Staatsanwaltschaft zufolge noch in den Trümmern der eingestürzten Autobahnbrücke in Genua stecken. Chefstaatsanwalt Francesco Cozzi sagte am Donnerstag zu Reportern, «es könnten noch bis 20 Personen vermisst werden». Zuvor hatten die Behörden nicht gesagt, wie viele Personen noch fehlen könnten.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat gesagt, es sei schwierig gewesen, eine exakte Zahl festzulegen, weil einige der Personen, die von Angehörigen als vermisst gemeldet worden seien, Urlauber sein könnten, die an ihr Reiseziel gelangt seien, aber in den vergangenen Tagen nicht ihre Familien oder Freunde kontaktiert hätten.
Die Zahl der bestätigten Todesfälle durch den Brückeneinsturz am Dienstag liegt bei 39. Suchkräfte haben seit dem Zusammensturz durch Tonnen von Betonteilen und anderen Trümmerteilen gekämmt. Eine Sprecherin der Feuerwehr von Genua, Sonia Noci, sagte am Donnerstag, die Such- und Rettungseinsätze würden weitergehen, bis alle der als vermisst gelisteten Personen gefunden seien.
Die Chance, dabei Überlebende zu finden, sinkt mit jeder Minute. In der Nacht zuvor seien etwa noch Stimmen zu hören gewesen, berichteten zwei Polizistinnen im italienischen Fernsehen. Diese sind aber längst verstummt. Vor allem auch wegen der Sicherheitsrisiken ist die Arbeit sehr langwierig. Ein einziges Auto zu bergen, habe etwa vier bis fünf Stunden gedauert, meinte eine Helferin vom Roten Kreuz gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Für die 39 offiziell bestätigten Toten soll es am Samstag ein Begräbnis geben, erklärte Regierungschef Giuseppe Conte auf Facebook. Für den Tag soll auch eine Staatstrauer gelten. Die Staatsanwaltschaft hatte die Zahl der Toten am Mittwoch sogar mit 42 beziffert. Unter den Opfern sind mindestens drei Minderjährige im Alter von 8, 12 und 13 Jahren. 15 Menschen sind der Präfektur zufolge verletzt, neun von ihnen befinden sich in einem kritischen Zustand. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist unklar.
Fünf Millionen Euro Nothilfe
Die Regierung hatte am Mittwoch den Notstand für die Hafenstadt verhängt und fünf Millionen Euro Nothilfe bereit gestellt. Das Dekret soll ermöglichen, «erste wichtige Massnahmen zu treffen, um dem Ausnahmezustand zu begegnen», erklärte Conte. Dazu gehöre, schnellstmöglich die Sicherheit in der betroffenen Region der Stadt zu garantieren und Betroffenen zu helfen. Der Notstand soll zwölf Monate gelten und in diesem Zuge auch ein Sonderbeauftragter für den Wiederaufbau benannt werden.
Vieles deutet darauf hin, dass die Brücke abgerissen und eine neue errichtet werden soll. Die Tragödie hat Hunderte Menschen obdachlos gemacht: Sie mussten ihre Häuser nahe der Brücke aus Sicherheitsgründen verlassen - und das möglicherweise für immer. «Bis Ende dieses Jahres werden wir all diesen 634 in Sicherheit gebrachten Genuesen ein neues Zuhause geben», versprach Salvini.
Wichtige Verbindungsachse
Der mehr als 40 Meter hohe Polcevera-Viadukt, der auch Morandi-Brücke genannt wird, spannt sich unter anderem über Wohnhäuser, Gleisanlagen und Fabriken. Am Dienstagmittag war er während eines heftigen Unwetters auf einem etwa 100 Meter langen Stück eingestürzt und hatte zahlreiche Fahrzeuge mit in die Tiefe gerissen.
Die Brücke ist Teil der Autobahn 10 und verbindet nicht nur den Osten mit dem Westen der Stadt. Sie ist auch als Urlaubsverbindung «Autostrada dei Fiori» bekannt und eine wichtige Verbindungsstrasse nach Südfrankreich, in den Piemont und die Lombardei.
Die Morandi-Brücke ist allerdings seit langem umstritten. Regierungsmitglieder machten den privaten Betreiber der Autobahn für die Katastrophe verantwortlich und wollen ihm die Lizenz entziehen. Conte erklärte, es sei die Justiz, die die Verantwortlichkeiten klären müsse. «Aber unsere Regierung kann nicht weiter warten.» Deswegen seien diese Schritte eingeleitet worden.
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