Klimaanlagen im Visier Im noblen Küstenort Portofino blüht das Denunziantentum

toko

13.8.2024

Auch die Reichen und Schönen von Portofino leiden unter der Hitze.
Auch die Reichen und Schönen von Portofino leiden unter der Hitze.
PantherMedia / Paolo Gallo Modena / Imago

Rachefeldzüge und heimliche Fotos: Im reichen italienischen Küstenort Portofino sorgt die Jagd der Polizei auf illegale Klimaanlagen zwar für Empörung, gleichzeitig verpetzen sich die Einwohner gegenseitig.

toko

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der reichsten italienischen Gemeinde Portofino ist die Jagd nach illegalen Klimaanlagen Gesprächsthema Nummer Eins.
  • Die Polizei macht Jagd auf illegale Klimaanlagen in dem noblen Küstenort – und bekommt dabei auch Hilfe der Einwohner, die sich Medienberichten zufolge gegenseitig denunzieren.
  • Weil Portofino Teil eines Regionalparks ist, sind Klimaanlagen nur unter Auflagen erlaubt.

Wie fast überall in Südeuropa ist es derzeit auch im noblen italienischen Küstenort Portofino brütend heiss. Die Sonne brennt hinunter, weit und breit ist keine Wolke zu sehen. Wem könnte man da übelnehmen, die Klimaanlage einzuschalten?

Wie der britische «Guardian» berichtet, betreiben die Einwohner*innen Portofinos jedoch einigen Aufwand, ihre Nachbarn wegen illegaler Klimageräte bei der Polizei hinzuhängen.

Bürgermeister muss Bericht über Polizei-Drohnen dementieren

In dem ligurischen Küstenort ist die Jagd der Polizei nach illegalen Klimaanlagen das Gesprächsthema Nummer eins. Da konnte auch ein Besuch von Madonna am vergangenen Sonntag nicht mithalten.

Doch von vorne: Vor einigen Jahren war die Installation von Klimaanlagen an den pastellfarbenen Gebäuden noch komplett verboten – Portofino ist seit 1935 Teil eines Regionalparks.

Weil die Sommer zuletzt immer heisser wurden, haben die Behörden jedoch die Regeln gelockert. Holen sich die Besitzer eine Genehmigung und installieren das Gerät diskret, werden Ausnahmen gemacht. Nur die Schönheit Portofinos dürfe nicht beeinträchtigt werden.

Das nehmen offenbar nicht alle so genau, weshalb die Polizei in diesem Jahr ihre Jagd nach illegalen Klimaanlagen intensivierte. Die Beamten suchen etwa die engen Gassen nach Geräten ab, die über die Terrassen der Häuser des Dorfes hinausragen.

Rachefeldzüge unter Nachbarn

Seitdem blüht in der reichsten italienischen Gemeinde das Denunziantentum. Die italienische Tageszeitung «Corriere della Sera» etwa berichtete von regelrechten «Rachefeldzügen» unter Nachbarn. Einige der vermeintlichen Missetäter hätten etwa versucht, ihre Klimageräte zu verstecken oder auch mit einem Anstrich zu tarnen.

Weiteren Berichten zufolge seien manche gar der Einladung in die Wohnung eines Nachbarn gefolgt, nur um heimlich ein Foto von einer Klimaanlage zu machen. Die Aufnahmen seien dann an die Polizei weitergegeben worden.

All dies führt dazu, dass zwischen Januar und Mai bereits 22 illegal installierte Anlagen auf verschiedenen Dächern und Terrassen identifiziert wurden. Seit Juni, als es immer heisser wurde, kamen weitere 15 hinzu. Portofinos Bevölkerungszahl lautet 379.

Unter diesen sorgt das angeblich rigorose Vorgehen der Polizei für Empörung. So sah sich Bürgermeister Matteo Viacava bereits gezwungen, Medienberichte zu dementieren, wonach die Ordnungshüter auf der Jagd nach Klimaanlagen Drohnen eingesetzt hätten.

«Sind jetzt alle auf die Klimaanlage angewiesen»

«Alles begann im letzten Winter, als jemand eine Klimaanlage einbaute, die einen grossen Teil einer sehr engen Strasse abdeckte», sagt Viacava dem «Guardian» und zeigt auch Verständnis für die Bewohner*innen Portofinos: «Die Sommer sind viel heisser geworden, und im Juli und August war es schwül und sehr feucht. Wir wollen nicht, dass die Leute unter der Hitze leiden und nicht mehr schlafen können».

Jedoch sei Portofino nunmal Teil des Parks, und die Regeln müssten eingehalten werden. Auch die Bussen für Verstösse haben es in sich: Bis zu 40'800 Franken riskieren schwitzende Hausbesitzer, wenn sie gegen die Verordnungen verstossen.  Viacava betont jedoch, dass die meisten Fälle bisher geklärt werden konnten und es nicht das Ziel sei, die Leute zu büssen.

Man wolle lediglich sicherstellen, dass die Beschränkungen respektiert würden und die Schönheit Portofinos erhalten bleibe, erklärt der Bürgermeister und fügt hinzu: «Langsam, langsam bringen wir alles in Ordnung.»