Cruise Control Italien verbannt Kreuzfahrtschiffe nun endgültig aus Venedig 

tafi / AFP

9.8.2019

Kreuzfahrtkolosse vor dem Markusplatz in Venedig sollen bald der Vergangenheit angehören.
Kreuzfahrtkolosse vor dem Markusplatz in Venedig sollen bald der Vergangenheit angehören.
DPA/Andrea Merola

Nachdem sich zuletzt die Unfälle in der Lagunenstadt häuften, sollen die Kreuzfahrtriesen nicht mehr in Venedig anlegen. Ein Branchenverband will gegen die Entscheidung kämpfen.

Wenn es nach Italiens Regierung geht, wird sich schon ab September die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe, die durch Venedig fahren deutlich verringern. Das berichtet «Spiegel online» unter Berufung auf die «Financial Times». Demzufolge plane Italiens Verkehrsminister Danilo Toninelli, die Routen der Kreuzfahrtschiffe nach und nach zu ändern.

Bereits im nächsten Monaten sollen einige Ozeanriesen in den Terminals in Fusina und Lombardiam auf dem Festland gegenüber der Lagunenstadt, anlegen. Ab 2020 soll dann ein Drittel der jährlich etwa 500 Kreuzfahrtschiffe, die Venedig ansteuern, nicht mehr durch das Zentrum der Lagunenstadt fahren.

Schwere Zwischenfälle erfordern Lösung

Zuletzt hatte es in Venedig zwei schwere Zwischenfälle mit Kreuzfahrtschiffen gegeben. Im Juni krachte die «MSC Opera» in ein Boot voller Touristen, einige Wochen später geriet die «Costa Deliziosa» in der Nähe des Markusplatzes ausser Kontrolle. Diese Unfälle seien wohl ausschlaggebend für die neuen Regulierungsmassnahmen gewesen, schreibt «Spiegel online».



Der Branchenverband Clia Europe bestreitet, dass der Bann in Venedig bereits beschlossene Sache sei. Man räume zwar Toninellis Pläne und die Einrichtung einer Arbeitsgruppe ein, aber eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, und von einem Verbot, Venedig anzufahren, könne keine Rede sein.

Venedig sucht Verbündete gegen Ozeanriesen

Das seit langem unter den negativen Folgen des Kreuzfahrttourismus ächzende Venedig sucht derweil Verbündete, um ein Bündnis gegen die Giganten der Meere schmieden. Der Chef der Hafenbehörde für die nördliche Adria in Venedig, Pino Musolino, rief die Behörden von acht anderen europäischen Kreuzfahrt-Zielen in einem Brief auf, sich zusammenzutun. Die ständig wachsende Grösse der Schiffe, die durch von ihnen verursachten Umwelteinflüsse und die schiere Zahl der Kreuzfahrttouristen würden grosse Konflikte schaffen, erklärte Musolino.

Die betroffenen Hafenstädte müssten ihre Kräfte bündeln, um die Reedereien dazu zu bringen Schiffe einzusetzen, «die mit unseren Gegebenheiten und der Umwelt vereinbar sind». Der Hafenbehörde zufolge reagierten Barcelona, Palma de Mallorca und Marseille bereits positiv auf Musolinos Schreiben.



Von riesigen Kreuzfahrtschiffen verursachte Wellen schaden den Fundamenten der zum Weltkulturerbe gehörenden Lagunenstadt Venedig und bedrohen das sensible ökologische Gleichgewicht in der Lagune. Die extrem nahe vor der Küste fahrenden Schiffe stellen zudem eine Gefahr dar. Im Juni waren vier Menschen verletzt worden, als ein 13 Stockwerke hohes Kreuzfahrtschiff ein Ausflugsschiff rammte. Einen Monat später kollidierte ein weiterer Kreuzfahrtriese beinahe mit einer Yacht.

Viele Städte leiden unter Massenandrang

Auch andere Kreuzfahrtziele leiden unter den Folgen des Massen-Kreuzfahrttourismus. Marseille beispielsweise leidet wegen der vielen Schiffe unter Smog, Dubrovnik geriet 2017 auf eine Liste von Urlaubszielen, die wegen Überfüllung gemieden werden sollten. Das als «Venedig des Nordens» bekannte belgische Brügge prüft, die Zahl der Kreuzfahrtschiffe im nahen Hafen von Seebrügge zu limitieren, um den Andrang von Tagestouristen zu bekämpfen.



Die Zahl der Kreuzfahrttouristen stieg innerhalb des vergangenen Jahrzehnts um fast 70 Prozent. Geschätzt 30 Millionen Urlauber werden laut dem internationalen Kreuzfahrtverband in diesem Jahr eine Kreuzfahrt machen. Die Schiffe werden dabei immer gigantischer und messen oft mehrere hundert Meter.

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