Geheimakte Kalter Krieg: Mit diesem Radarsystem horchte die Sowjetunion die Welt aus

Silvana Guanziroli

11.2.2018

Es war ein hämmerndes Geräusch, das die Funker ab 1976 rund um den Globus wahnsinnig machte. Sie nannten es «Woodpecker» (deutsch: der Specht). In Zeiten des Kalten Kriegs vermuteten sie schnell, da steckt die Sowjetunion dahinter. Und sie hatten recht: Das Kurzwellensignal kam vom grössten Raketenspähsystem der Welt.

Und bis heute liegt die streng geheime Militärbasis im Verbogenen. Duga, wie sie heisst, befindet sich in der radioaktiv verseuchten Sperrzone rund um Tschernobyl in der Ukraine, zehn Kilometer vom Reaktor entfernt.

Von hier aus horchte die Sowjetunion ab 1976 die Welt aus. Und noch heute ragen 60 Stahlkolosse in den Himmel, die höchsten 150 Meter gross. Seltsame Metallbojen sind daran befestigt, jeder Mast hat 44 Arme. Dazwischen sind Tausende Sendedrähte gespannt.

Tatsächlich galt die Anlage zu Zeiten des Kalten Kriegs in der Sowjetunion als wichtigste Abwehrwaffe. Das System konnte Ziele in einer Entfernung von bis zu 9000 Kilometern entdecken. Zum Vergleich: Bis New York sind es von Tschernobyl aus ledgilich 7500 Kilometer Luftlinie. Und mit Zielen meinte die UdSSR «einzeln anfliegende Atomsprengköpfe oder gruppenweise anfliegende Atomraketen.»

Früher wohnten rund 2000 Menschen rund um die Radaranlage. In erster Linie waren es Ingenieure, Wissenschaftler und Soldaten. Für sie und ihre Angehörigen gab es in der Stadt Duga alles, was sie brauchten. Schulen, Kindergärten und Restaurants. Heute können Touristen mit einem Reiseleiter die einstige Geheimanlage besuchen.

Die Nato sprach von Woodpecker

Die Nato nannte das Kurzwellensignal, das Duga erzeugte «Woodpecker». Das Signal mit einer Frequenz von 10 Hertz hörte sich an wie das Klopfen eines Spechts, daher der Name. Mit einer zweiten Duga-Anlage in Komsomolsk nahe des Pazifiks hatten die Sowjets praktisch den gesamten amerikanischen Luftraum unter Kontrolle. Zumindest bis zum Reaktorunfall in Tschernobyl.

Am 26. April 1986 explodierte der Reaktor Nummer 4 des Lenin-Atomkraftwerks bei Tschernobyl. Das Gebiet rund um die Anlage wurde radioaktiv verseucht. 135'000 Menschen mussten evakuiert werden. Bis heute gilt  ist ein Radius von 30 Kilometer um die Anlage als Sperrzone. 

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