Das Zürcher Obergericht hat am Montag einen 53-jährigen Deutschen zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt. Der Jurist und Kunstkurator soll Kunstwerke seines Arbeitgebers ohne Erlaubnis verkauft und den Erlös in seinen eigenen Sack gesteckt haben.
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom Juni 2019 in dem Fall in den wesentlichen Punkten: Es sprach den im Kanton Zürich wohnhaften Deutschen der mehrfachen Veruntreuung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten. Diese muss vollzogen werden.
Der Jurist und Kunsthistoriker war ab 2007 bei der Axa Winterthur als Kunstkurator angestellt. Als solcher hatte er die Aufgabe, die Kunstsammlung des Versicherers zu inventarisieren, zu pflegen und wenn nötig das eine oder andere Werk für Restauration oder Reparatur ausser Haus zu geben.
Das Gleiche galt gegebenenfalls für Werke im Besitz von Kunden der Versicherung. Nicht befugt war der Beschuldigte, Werke zu verkaufen. Genau dies tat er jedoch, und zwar auf eigene Rechnung.
Der Staatsanwalt listete in der Anklageschrift 165 Werke teils namhafter Künstler auf. Den Erlös von insgesamt rund 1,1 Millionen Franken steckte der Beschuldigte in seine eigene Firma im Kunstbereich und in eine von ihm aufgezogene unrentable Kunstschreinerei.
Geschädigt wurden die AXA Versicherung, das Hilfswerk IKRK sowie mehrere Privatpersonen.
Taten während manischer Phasen begangen
Sein Verteidiger forderte eine Verurteilung wegen mehrfacher Veruntreuung. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von höchstens fünf Monaten, beziehungsweise eine Geldstrafe von maximal 150 Tagessätzen. Die Strafe soll bedingt mit einer Probezeit von zwei Jahren ausgesprochen werden.
Das Urteil der Vorinstanz berücksichtige die psychische Erkrankung, unter welcher der Beschuldigte leide, zu wenig. Zudem werde die Mitverantwortung der Axa weitgehend ausgeblendet. Hätte diese die Tätigkeit des Kunstkurators ordentlich beaufsichtigt, wäre sein Tun viel früher aufgeflogen und der Schaden geringer ausgefallen.
Der Mann leidet gemäss Gutachten unter einer bipolar-affektiven Störung und soll die Taten während einer oder mehrerer manischen Phasen begangen haben. Trotzdem attestierte der Gutachter dem Beschuldigten nur eine leicht verminderte Schuldfähigkeit.
Staatsanwalt forderte unbedingte Freiheitsstrafe
Der Staatsanwalt forderte einen Verurteilung wegen gewerbsmässigen Diebstahls und eine vierjährige Freiheitsstrafe.
Das Obergericht hält die Strafzumessung der Vorinstanz für korrekt, wie der Vorsitzende Richter bei der Urteilseröffnung sagte. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine schwere manische Erkrankung des Beschuldigten, die zu seiner vollständigen Schuldunfähigkeit geführt hätte.
Eine leicht verminderte Schuldunfähigkeit hingegen sei berücksichtigt worden, ebenso eine gewisse Mitverantwortung des Arbeitgebers. Dies ist laut dem Richter bereits «wohlwollend». Denn grundsätzlich dürften Arbeitgeber davon ausgehen, dass ihre Angestellten vertrauenswürdig seien.
Wie an der Verhandlung bekannt wurde, hat der Beschuldigte kürzlich eine Vereinbarung mit der Axa abgeschlossen, in der die Rückzahlung von rund 400'000 Franken im Verlauf der nächsten rund neun Jahren vereinbart wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.
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