An einer Ampel im hessischen Limburg fährt ein Mann einen Lastwagen auf mehrere Autos auf. Es gibt viele Verletzte – und Spekulationen über die Hintergründe. Laut Ermittlern ist noch unklar, ob es ein Terrorakt war.
Ein Lastwagenfahrer ist am Montagabend an einer Ampel in Limburg im Bundesland Hessen auf mehrere Fahrzeuge aufgefahren und hat mehrere Menschen verletzt. Der schwere Lastwagen war laut Polizei zuvor in unmittelbarer Nähe des Schauplatzes gegenüber dem Landgericht gestohlen worden. Der Fahrer wurde festgenommen, auch er habe Verletzungen davongetragen. Die Polizei ermittelte in alle Richtungen und warnte vor Spekulationen.
Nach dem Zwischenfall ist das Motiv des Fahrers weiter unklar. Die deutsche Bundesanwaltschaft sieht den Fall zum jetzigen Zeitpunkt nicht in ihrer Zuständigkeit. Das sagte ein Sprecher der Karlsruher Behörde am Dienstag auf Anfrage. Man habe das Geschehen aber im Blick und stehe in engem Kontakt mit den hessischen Strafverfolgungsbehörden. Die Bundesanwaltschaft ist für Ermittlungen bei Terrorverdacht zuständig.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr, handelt es sich bei dem Fahrer des Lastwagens um einen 32-jährigen Syrer, der seit November 2015 in Deutschland lebt und 2016 einen subsidiären, also eingeschränkten Schutzstatus erhalten hat. Nach dpa-Informationen ist er bisher mit Drogendelikten und Gewaltkriminalität aufgefallen. Über mögliche Kontakte zu Islamisten ist den Behörden bislang nichts bekannt. In der Nacht wurde laut Polizei im hessischen Langen eine Wohnung durchsucht.
Der Hintergrund des Zwischenfalls ist Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zufolge noch unklar. Auf die Frage nach möglichen Hinweisen auf einen Terroranschlag sagte Seehofer am Vormittag am Rande eines EU-Innenministertreffens in Luxemburg: «Da wird ermittelt und ich kann Ihnen zur Stunde noch nicht sagen, wie diese Tat zu qualifizieren ist.»
Ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) sagte Medienvertretern: «Wenn solche Ereignisse passieren, dann ist es Aufgabe der Polizei, natürlich in sämtliche Richtungen alle Möglichkeiten im Blick zu haben. Genau das machen wir. Und wir schliessen momentan überhaupt nichts aus.»
Mehrere Medien, darunter die «Bild»-Zeitung und das ZDF, hatten zuvor gemeldet, dass die Tat als Terrorakt eingestuft worden sei und sich dabei auf Sicherheitsbehörden berufen. Die Polizei äusserte sich bislang allerdings nicht dazu, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag gehandelt habe.
Es gab auch keine Informationen darüber, ob sich der Fahrer, der das Fahrzeug wohl kurz zuvor gestohlen hatte, sich zu seinem Motiv geäussert hat oder ob der Lkw Bremsspuren auf dem Asphalt hinterlassen hat. Bis in den späten Abend hinein werteten Ermittler Zeugenaussagen aus.
Weitere Informationen würden voraussichtlich im Verlauf des Tages bekanntgegeben. Neben einem versuchten Anschlag halten die Ermittler auch eine psychisch bedingte Amokfahrt für möglich.
«Mich hat ein Mann aus meinem Lkw gezerrt»
Die «Frankfurter Neue Presse» («FNP») zitierte den rechtmässigen Fahrer des Lasters: «Mich hat ein Mann aus meinem Lkw gezerrt.» Der «FNP» zufolge soll der Mann, der bei der Kollision am Steuer sass, von mehreren Passanten erstversorgt worden sein. «Dabei soll der Fahrer laut den Passanten mehrmals "Allah" gesagt haben», wie ein «FNP»-Reporter berichtete. Diese Darstellung bestätigte die Polizei nicht.
Am Dienstagmorgen hat die Polizei frühere Angaben zur Zahl der Verletzten korrigiert. Die Auswertung der Angaben aller Rettungsdienste habe ergeben, dass neun Menschen leicht verletzt wurden, sagte ein Polizeisprecher in Wiesbaden am Morgen. Sieben Verletzte seien in Krankenhäuser gebracht worden, einer sei ambulant versorgt worden. Und auch der Fahrer sei leicht verletzt worden. Zuvor hiess es, es habe 17 Verletzte gegeben. Der Sprecher wies zudem ausdrücklich darauf hin, dass kursierende Meldungen von Toten oder Schwerverletzten nicht der Wahrheit entsprächen.
Polizei will saubere Ermittlungsarbeit
Die Polizei warnte wiederholt vor Spekulationen über den Hintergrund des Vorfalls. «Wir geben heraus, was gesichert ist und nicht, was jemand gehört haben will», sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Westhessen der Deutschen Presse-Agentur. Ermittler seien vor Ort, unter anderem sei ein Hubschrauber im Einsatz. «Es geht um Übersichtsaufnahmen und eine saubere Ermittlungsarbeit.»
Keine Nachrichtensperre
Der Sprecher widersprach Spekulationen, es herrsche eine «Nachrichtensperre» vonseiten der Behörden. «Gesicherte Erkenntnisse geben wir heraus.» Dass der Fahrer festgenommen worden sei, bezeichnete er als normal. «Bei jedem Unfall mit so vielen Verletzten fährt ein Fahrer danach nicht einfach davon.»
Auf Twitter schrieb die Polizei Westhessen: «Trolle oder wilde Spekulationen braucht niemand.» Zudem rief sie Zeugen dazu auf, sich zu melden, wenn sie etwas gesehen haben, Videos oder Bilder haben, die mit den Geschehnissen im Zusammenhang stehen.
Der Ort des Vorfalls war weiträumig abgesperrt worden. Noch Stunden später stand der Lastwagen da. Trümmerteile und ausgelaufene Flüssigkeit waren zu sehen. Mittlerweile hat die Polizei ihre Untersuchung vor Ort abgeschlossen. Der Lastwagen sei abgeschleppt, die Kreuzung weitgehend geräumt, sagte ein Polizeisprecher am frühen Dienstagmorgen. Der Mann befindet sich dem Sprecher zufolge weiter in Polizeigewahrsam.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wird laufend aktualisert.
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