Fast drei Jahre nach dem Tod seiner Freundin steht ein 57-jähriger Schweizer vor dem Regionalgericht in Thun. Die Anklage lautet auf vorsätzliche Tötung, Brandstiftung und Störung des Totenfriedens.
Zum Prozessauftakt beteuerte der Mann am Montag erneut seine Unschuld. Seit 960 Tagen sitze er in Untersuchungshaft und habe panische Angst, zu Unrecht verurteilt zu werden. Dabei habe er mit dem Tod der Frau nichts zu tun, er sei im Leben nie gewalttätig gewesen.
Der Staatsanwaltschaft habe das Verfahren unnötig in die Länge gezogen. Seine Firma sei durch die falschen Anschuldigungen praktisch in den Ruin getrieben worden. Vom Gericht erwarte er einen Freispruch, andernfalls werde er das Urteil «durch alle Instanzen weiterziehen».
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, im Februar 2018 seine Freundin in Frutigen getötet zu haben. Um die Spuren zu verwischen, habe er anschliessend deren Wohnung in Brand gesetzt. Das alte Holzhaus brannte bis auf die Grundmauern nieder. In den Trümmern fanden die Einsatzkräfte die verkohlte Leiche der Frau.
Indizien, aber keine Beweise
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann seine Partnerin entweder erschoss oder ihr mit einem unbekannten Gegenstand einen massiven Schlag auf den Kopf versetzte. Später habe er die Wohnung angezündet.
Die Staatsanwältin stützt sich bei ihrer Darstellung auf eine Reihe von Indizien. Bestärkt fühlt sie sich durch Gutachten der Rechtsmediziner und des Branddezernats.
So kamen die Rechtsmediziner zum Schluss, dass die vermutete Blutung im Kopfbereich am ehesten auf eine schwere Gewalteinwirkung zurückgeführt werden könne. Allerdings sei der Leichnam durch Feuer und Hitze stark verändert worden. Todesursache und -zeitpunkt liessen sich daher nicht eindeutig bestimmen.
Gutachten «mangelhaft»
Der Verteidiger äusserte am Montag grosse Zweifel an der Qualität der Untersuchungsergebnisse. Die Ermittlungen seien unvollständig geführt worden und die Gutachten wiesen Mängel auf. Vergeblich forderte er unter anderem die Anhörung eines deutschen Experten, der in seinem Auftrag ein Zweitgutachten erstellt hatte.
Dieser kam zum Schluss, dass die Vermutung des Beschuldigten durchaus plausibel sei. Der Angeklagte hält es gemäss früheren Aussagen für wahrscheinlich, dass seine Freundin an einer Überdosis an legalen und illegalen Substanzen starb.
Den Brand habe sie wahrscheinlich selber ausgelöst, indem ihr ein brennender Joint oder eine Zigarette aufs Bett gefallen sei oder sie eine Kerze umgestossen habe. Denkbar seien auch ein Suizid oder eine Brandstiftung durch den Hauseigentümer.
On-Off-Beziehung
Der Mann war einige Tage nach dem Brand in Frankreich gefasst worden. Er denke noch immer jeden Tag an seine Ex-Freundin und trauere um sie, sagte er vor Gericht.
Die beiden hätten eine On-Off-Beziehung geführt, erklärte der Bruder der Verstorbenen. Er machte wie die Eltern keinen Hehl daraus, dass zwischen der Familie der Frau und dem Beschuldigten stets ein distanziertes Verhältnis geherrscht habe.
Der Prozess wird am Dienstag mit der Befragung von Zeugen und Experten fortgesetzt. Die Plädoyers folgen am Donnerstag und Freitag. Das Urteil wird am 16. Oktober erwartet.
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