Rätselhafter Anschlag Dutzende Kunstwerke auf Berliner Museumsinsel beschädigt

dpa/dor

21.10.2020 - 01:31

Sinnloser Vandalismus oder eine gezielte Tat? In den weltberühmten Museen im Herzen Berlins wurden offenbar mutwillig umfangreiche Schäden an Kunstwerken und Artefakten angerichtet.

Auf der Berliner Museumsinsel sind Dutzende Ausstellungsobjekte nach Medienberichten von Unbekannten beschädigt worden. Laut «Zeit» handelt es sich um einen «der umfangreichsten Angriffe auf Kunstwerke und Antiken in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands».

Ein oder mehrere unbekannte Täter hätten mindestens 70 Objekte im Pergamonmuseum, dem Neuen Museum, der Alten Nationalgalerie und an anderen Standorten mit einer öligen Flüssigkeit bespritzt, hiess es in einem Bericht der «Zeit» und des Deutschlandfunks. Darunter seien ägyptische Sarkophage, Steinskulpturen und Gemälde des 19. Jahrhunderts. Die Flüssigkeit habe darauf sichtbare Flecken hinterlassen.

Die Vorfälle sollen sich bereits am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, zugetragen haben und bislang nicht öffentlich gemacht worden sein. Ob der Tag absichtlich gewählt wurde, war zunächst unklar. Zu den Motiven des Täters oder der Täter war zunächst nichts bekannt.

Im Juni hielt der Verschwörungsideologe und Antisemit Attila Hildmann regelmässig seine Kundgebungen auf den Stufen des Alten Museums ab, berichtet der Berliner «Tagesspiegel». Im Juli habe die Berliner Versammlungsbehörde schliesslich seine Demonstrationen wegen einer formulierten «erheblichen Wahrscheinlichkeit» von Volksverhetzung, Bedrohung und Beleidigung verboten. Zugleich distanzierte sich die Museumsinsel verwaltende Stiftung Preussischer Kulturbesitz von den Hasstiraden des Kochbuchautors. 



Im Fokus von Hetze

Die Stiftung machte dies unter anderem mit einem grossen Banner am Eingangsportal des Alten Museums deutlich, auf dem sich die Stiftung für Weltoffenheit und gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus einsetzte. Daraufhin rückten die unterschiedlichen Museen in Berlins Zentrum in den Fokus von Hildmanns Hetze. Auf dem Messengerdienst Telegram schrieb er bereits im August, dass sich im zu diesem Zeitpunkt noch coronabedingt geschlossenen Pergamonmuseum mit dem Baal-Altar angeblich der «Thron des Satans» befinden würde und es das Zentrum der «globalen Satanisten-Szene und Corona-Verbrecher» sei: «Hier machen sie nachts ihre Menschenopfer und schänden Kinder!»

Sarkophage im Neuen Museum auf der Museumsinsel in Berlin. (Archiv)
Sarkophage im Neuen Museum auf der Museumsinsel in Berlin. (Archiv)
Bild: Keystone

Auf Anfrage von «Zeit» und Deutschlandfunk hätten die Stiftung Preussischer Kulturbesitz und die Berliner Polizei bestätigt, dass es Beschädigungen an Ausstellungsobjekten gebe, hiess es in dem Bericht. Ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung sei eingeleitet worden.

Dem «Tagesspiegel» zufolge wurden Besucher, die für den 3. Oktober Museumstickets gebucht hatten, vom Landeskriminalamt (LKA) angeschrieben und dringend um Mithilfe gebeten.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur gab die Polizei am Dienstagabend keine Auskünfte. Die Stiftung Preussischer Kulturbesitz war am Abend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Unesco-Welterbe Museumsinsel

Die Museumsinsel gehört seit 1999 zum Unesco-Weltkulturerbe. Anfang Oktober feierte das Pergamonmuseum seinen 90. Geburtstag. Benannt ist es nach seiner bekanntesten Attraktion, dem Pergamonaltar. Er stammt aus dem 2. Jahrhundert vor Christus und gehörte zur Residenz der mächtigen Könige von Pergamon, die im Westen der heutigen Türkei eine Kulturmetropole nach dem Vorbild Athens schufen.

Als eines der wenigen Museen in Deutschland lockt das Pergamon jährlich mehr als eine Million Menschen an – wenn es komplett geöffnet ist. Die zwischen zwei Spreearmen gelegene Gruppe aus Altem Museum, Bode-Museum, Alter Nationalgalerie, Neuem Museum mit der berühmten ägyptischen Pharaonen-Büste der Nofretete und der James-Simon-Galerie als jüngstem Bau zog zusammen knapp 3,1 Millionen Menschen an.

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dpa/dor