Forensikerin packt aus Mord an Journalistin Wall: «Ich wusste, dass sie hochkommen würde»

phi

24.7.2018

Dänischer Tüftler tötet schwedische Journalistin an Bord seines eigenen Mini-U-Bootes: Der Mord an Kim Wall hat über Dänemarks Grenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Nun schildert die beteiligte Rechtsmedizinerin, wie sie die Suche nach der Wahrheit erlebt und welche Spuren diese bei ihr hinterlassen hat.

Es war der spektakulärste und meistdikutierte Krimininalfall in der Geschichte Dänemarks: Am 10. August 2017 ging die schwedische Journalistin Kim Wall an Bord des privaten U-Boots UC3 Nautilius – und kehrte nie mehr lebend an Land zurück. Der Konstrukteur und Besitzer des Tauchbootes wurde unter Mordverdacht verhaftet: Ende April wurde Peter Madsen zu lebenslanger Haft verurteilt.

Wie emotional der Fall auch für die Ermittler gewesen ist, hat nun Christina Jacobsen öffentlich gemacht. Die Rechtsmedizinerin aus Kopenhagen hat die Suche nach der 30-jährigen Wall von Anfang an verfolgt. Als Gerichtsmedizinerin sei es gut, stets informiert zu sein, sagte Jacobsen der dänischen Ärzte-Wochenzeitung «Ugeskrift for Læger». «Daher schaue ich immer als Erstes die Nachrichten an, wenn ich aufwache.»

«Hoffte natürlich, dass sie lebend gefunden wird»

Als die vermisste 30-Jährige nicht gefunden werden konnte, ahnte die Ärztin bereits Böses. «Ich hoffte natürlich, dass sie lebend gefunden wird, aber ich wusste auch, dass sie eines Tages hochkommen würde, wenn sie tot sein sollte und ins Meer geworfen wurde.» Elf Tage nach ihrem Verschwinden wurde Walls Leiche unweit von Kopenhagen an Land gespült – und fortan stand fest, dass die Frau keines natürlichen Todes gestorben war. «Als wir den Torso sahen, war schnell klar, dass der Fall eine unerwartete Wendung genommen hatte.»

Dänische Taucher auf der Suche nach Leichenteilen am 23. August 2017 auf der Insel Amager nahe Kopenhagen.
Dänische Taucher auf der Suche nach Leichenteilen am 23. August 2017 auf der Insel Amager nahe Kopenhagen.
Bild: Keystone/Archiv

Atypische Verletzungen machten die 45-Jährige bei der Obduktion stutzig: «Ich konnte sehen, dass da nicht einfach jemand verunfallt und ins Wasser gefallen war. Es war Absicht.» Weil Professionalität gefragt war, musste Jacobsen ihre persönlichen Gefühle unterdrücken. «Natürlich war ich nicht unberührt», erklärte die Dänin. Sie habe sich jedoch «ausschliesslich darauf konzentriert, meine Arbeit so gut wie möglich zu machen».

«Es war wie bei einem Puzzle»

Als die Polizei Anfang Oktober schliesslich den Kopf des Opfers fand, verdichteten sich die Hinweise auf einen Mord. Nachdem Taucher auch die Arme entdeckt hatten, fügte sich das Bild für Jacobsen endgültig zusammen. «Es war wie bei einem Puzzle, das Stück für Stück zusammengesetzt wird.» Der Fall selbst und das enorme öffentliche Interesse machten die Ermittlung zu einer Sache, die «alles überstieg», was Jacobsen in der Gerichtsmedizin bis dato erlebt hatte.

Die Ärztin wurde beim Prozess eineinhalb Stunden vom Staatsanwalt befragt, bevor die Verteidgung an der Reihe war. «Es war sehr intensiv. Ich habe versucht, angemessen auf die Fragen zu antworten. Als Rechtsmedizinerin darf ich nicht voreingenommen sein.» Als Jacobsen schliesslich aus dem Zeugenstand entlassen wurde, war sie «erleichtert» – nicht zuletzt wohl ob der Brutalität der Tat: «Das überstieg jeden Verstand. Das liegt daran, dass Sie an die Grenzen ihrer Vorstellungskraft kommen.»

Ganz abgeschlossen ist die Causa aber noch nicht: Madsen hat Berufung gegen seine lebenslange Haft eingelegt. Wenn sich das Bundesgericht noch einmal mit der Akte beschäftigt, muss Christina Jacobsen nicht mehr antreten: Peter Madsen hat die Tötung Kim Walls eingeräumt, weswegen nur noch das Strafmass verhandelt wird. Ein Gerichtstermin wurde noch nicht angesetzt.

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