Eine mutmassliche Sekten-Chefin ist in Deutschland mehr als 30 Jahre nach dem Tod eines Vierjährigen wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Landgericht im hessischen Hanau sah den Mordvorwurf am Donnerstag als erwiesen an.
Das Gericht folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Frau soll im August 1988 den Jungen, auf den sie im Rahmen einer Gruppe aufgepasst hatte, in einen Leinensack eingeschnürt und in ein Badezimmer gelegt haben. Das Kind soll ohnmächtig geworden und an seinem Erbrochenem erstickt sein. Ermittler hielten den Tod des Jungen lange Jahre für einen Unfall. Erst 2015 wurde der Fall nach Hinweisen von Aussteigern wieder aufgerollt.
Als Motiv sieht die Staatsanwaltschaft, dass die 73-Jährige durch den Tod des Jungen ihre Machtposition stärken wollte. Sie habe das Kind als «vom Bösen besessen» bezeichnet. Nach dem Tod habe sie die Eingebung vorgetäuscht, dass Gott das Kind geholt habe – der Junge sei die Wiedergeburt Hitlers gewesen. «Es gruselt einen, was um Sie und Ihre Gemeinschaft passiert ist», sagte der Vorsitzende Richter Peter Grassmück am Donnerstag. «So etwas haben wir noch nicht erlebt.»
Zeugen berichteten in dem seit Oktober laufenden Verfahren vom strengen Regiment der 73-Jährigen sowie von den Leiden des Jungen und auch anderer Kinder. Wegbegleiter und Aussteiger berichteten von seelischen Grausamkeiten, Gehirnwäsche, psychischer und physischer Gewalt in der Hanauer Gruppe.
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