BundesverwaltungsgerichtNur Teilsieg für Behindertenverband
SDA
22.11.2018 - 15:18
Die neuen Doppelstockzüge FV-Dosto der SBB müssen jeweils über mindestens eine Einsteigrampe verfügen, deren Neigung nicht mehr als 15 Prozent betragen darf. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Beschwerde von Inclusion Handicap entschieden.
Damit hat das Bundesverwaltungsgericht eines der strittigen Rechtsbegehren des Dachverbands der Behindertenorganisationen der Schweiz teilweise gutgeheissen. Die restlichen zehn Anträge hat es abgewiesen. Der Dachverband bezeichnet das Urteil in einer Medienmitteilung vom Donnerstag deshalb als herbe Enttäuschung.
In vier der ursprünglich 15 strittigen Punkte konnten sich die Parteien aussergerichtlich einigen. Inclusion Handicap hatte gegen die befristete Betriebsbewilligung der neuen Doppelstückzüge FV-Dosto der SBB Beschwerde eingelegt.
Der teilweise gutgeheissene Punkt betrifft die Rampenneigung. Gemäss Bundesverwaltungsgericht steht nicht fest, ob sämtliche Rampen der Doppelstockzüge die maximal zulässige Neigung von 15 Prozent einhalten. Die Normvorschriften schreiben pro Zug lediglich eine Rampe mit einer maximalen Neigung von 15 Prozent vor.
Norm wird noch geprüft
Die SBB müssen auf Geheiss des Bundesverwaltungsgerichts nun pro Zug eine normkonforme Rampe sicherstellen. Von dort aus muss ein Zugang zum Rollstuhlbereich mit rollstuhlgängiger Toilette bestehen sowie allenfalls auch zu einer Verpflegungsmöglichkeit. Der entsprechende Eingang muss mit einem Piktogramm gekennzeichnet werden.
Ob und welche Rampenneigungen der Doppelstockzüge der Norm entsprechen, muss das Bundesamt für Verkehr (BAV) prüfen. Sollte nicht in jedem Zug eine korrekte Rampe bestehen, muss nachgebessert werden oder das SBB-Personal muss Einstiegshilfen leisten. Welche Variante zum Zug kommt, soll gemäss Bundesverwaltungsgericht eine Verhältnismässigkeitsprüfung ergeben.
Keine selbständige Nutzung
Inclusion Handicap kritisiert, dass Menschen mit Behinderung die neuen Züge nicht selbständig nutzen können. Genau dies sei im Behindertengleistellungsgesetz jedoch vorgesehen. Es ist gemäss Dachverband deshalb unverständlich, dass derartige Hindernisse zugelassen werden.
Inclusion Handicap will die Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts nun prüfen. In Absprache mit Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen werde der Verband dann entscheiden, ob er das Urteil an das Bundesgericht weiterziehen will.
Befristete Bewilligung
Das BAV hatte im November 2017 den neuen Doppelstockzügen der SBB befristete Betriebsbewilligungen bis Ende November 2018 erteilt. Inclusion Handicap hatte dagegen eine Beschwerde mit 15 Rechtsbegehren beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
In seiner Beschwerde kritisierte der Verband, unbegleitet reisende Menschen mit Behinderungen würden in den neuen Fernverkehrszügen auf zu viele Hindernisse stossen. Das Gericht entzog der Beschwerde die aufschiebende Wirkung, so dass die neuen Züge befristet bis Ende November in Betrieb gehen konnten. Am 15. November hat das BAV eine befristete Betriebsbewilligung für zwei Jahre erteilt und einer allfälligen neuen Beschwerde die aufschiebende Wirkung vorsorglich entzogen. (Urteil A-359/2018 vom 20.11.2018)
SBB zufrieden mit dem Urteil
Wie die SBB am Donnerstag mitteilten, werden die neuen Züge ab dem 9. Dezember fahrplanmässig eingesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit seinem Entscheid bestätigt, dass der neue Zug die massgebenden Normen und Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts erfüllten. Die SBB werde auch den Nachweis erbringen, dass der Ein- und Ausstieg keine grössere Neigung als 15 Prozent aufweise.
Der Zug sei im übrigen so konstruiert worden, dass an allen Zugängen das autonome Ein- und Aussteigen gemäss den Vorgaben des Behindertengleichstellungsrechts möglich sei. Damit gehe die SBB über das gesetzlich geforderte Minimum hinaus.
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