Schweres Erbe Osama bin Ladens Sohn ist heute ein gebrochener Künstler

phi

1.12.2022

Osama Bin Ladens Sohn Omar im Februar 2008 bei einem Interview in Rom.
Osama Bin Ladens Sohn Omar im Februar 2008 bei einem Interview in Rom.
KEYSTONE

Er lebt in London und malt Bilder, die für rund 10'000 Franken den Besitzer wechseln. Er mag Clint Eastwood und Freddy Mercury. Doch Omars Leben ist bitter, denn sein Vater heisst Osama bin Laden.

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Osama bin Laden lebt weiter. Nicht in den Herzen von islamistischen Fanatikern oder in den Köpfen jener, die seiner kruden Terror-Ideologie folgen. Aber der Mann, der am 2. Mai 2011 vom Seal Team 6 in Abbottabad in Pakistan liquidiert worden ist, hatte vier Frauen – und 20 bis 26 Kinder.

Zum ersten Mal hat der Kopf hinter den Anschlägen vom 11. September 2001 1974 geheiratet – und zwar seine Cousine Najwa Ghanem. Allein mit ihr hat Osama bin Laden elf Kinder. Der viertälteste Sohn Omar kommt so gar nicht nach seinem Vater, der weltweit berüchtigt ist.

Omar bin Laden erblickt am 1. März 1981 in Jeddah in Saudi-Arabien das Licht der Welt – und wird vom Leben seines Vaters viel stärker geprägt, als ihm lieb ist. Im Alter von zehn Jahren begleitet er seinen Vater 1991 ins Exil nach Sudan. Fünf Jahre später folgt er ihm nach Afghanistan.

«Opfer» des Vaters

Im Alter von 16 Jahren lernt Omar bin Laden, mit einer Kalaschnikow zu schiessen und teilt sich mit Aiman az-Zawahiri ein Zimmer, der die Nummer zwei bei Al-Qaida ist. Doch im Frühjahr 2001 kommt der 20-Jährige zur Besinnung – und wendet sich von der Terror-Organisation ab, weil er die Welt sehen will.

«Ich bin mein ganzes Leben von einem Ort zum anderen gereist», erklärt Omar bin Laden der britischen «Sun». «Ich habe mich nie niedergelassen.» Er sei ein «Opfer» seines Vaters geworden, dessen Schergen sogar Giftgas an Omars Hunden ausprobiert haben. «Ich war nicht glücklich», sagt er lediglich darüber.

Nicht glücklich sei auch sein Vater gewesen, als Omar Afghanistan verliess. Die beiden haben danach nie wieder miteinander geredet. Als sein Vater 2011 getötet worden sei, habe der Sohn gedacht, sein eigener Leidensweg sei vorüber. «Ich lag falsch, denn die Leute verurteilen uns heute immer noch. Es ist sehr schwer, der Sohn von jemandem zu sein, den fast die ganze Welt einen Terroristen nennt.»

«Die Leute lassen dich nicht dein eigenes Leben leben»

Er versuche, zu überleben, erzählt Omar. Manchmal müsse er Medikamente nehmen, «um nicht in der Realität dieser Welt leben zu müssen». Heute verdient er seine Weggli als Maler: Obwohl Omar damit relativ erfolgreich ist, kämpft er mit dem Leben, sagt er selbst. «Die Leute lassen dich nicht dein eigenes Leben leben», berichtet Omar.

Geholfen hat ihm seine englische Frau Zaina, die er in Gizeh nahe der Pyramiden in Ägypten kennengelernt hat.«Wir fühlten uns zueinander hingezogen und haben nach einer Weile geheiratet. Wir wollten ein Kind haben, das wir Elizabeth nennen wollten, wenn es ein Mädchen wird. Ich liebe die Queen, um ehrlich zu sein.» Doch Zaine ist 52, als der damals 26-Jährige sie trifft: Die Ehe, die 2006 geschlossen wird, bleibt kinderlos.

Die Stütze seines Lebens: Omar bin Laden und seine englische Frau Zaina Alsabah, die eigentlich Jane Felix-Brown heisst, im Januar 2008 in Kairo.
Die Stütze seines Lebens: Omar bin Laden und seine englische Frau Zaina Alsabah, die eigentlich Jane Felix-Brown heisst, im Januar 2008 in Kairo.
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Neben der Malerei interessiert sich Omar für westliche Filme wie «Shrek». Er mag Streifen mit Clint Eastwood – insbesondere «The Unforgiven». Omar schätzt auch westliche Musik: «Ich habe euch gesagt, er kann nicht singen», sagt seine Frau lachend, als er einen Song aus dem Radio mitträllert. «Freddie Mercury war der Beste», sagt er über den Queen-Sänger.

«Ich liebe ihn immer noch so sehr, von ganzem Herzen»

Dass Omar bin Laden es in Grossbritannien so schwer gehabt hat, dürfte aber auch an ihm selbst liegen. «Mein Vater ist ein sehr freundlicher Mann», sagte er 2008 dem US-Sender ABC. «Und wenn er sowas wie den 11. September macht, tut es ihm sehr leid. Weil er glaubt, dass vielleicht ein paar wenige sterben, wenn er die beiden Gebäude einreisst. Aber Millionen andere werden dadurch gerettet. Das hat er geglaubt.»

Omar bin Laden und Zaina Alsabah im Januar 2008 in Gizeh in Ägypten.
Omar bin Laden und Zaina Alsabah im Januar 2008 in Gizeh in Ägypten.
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Auf die Frage, ob Omar den Amerikanern helfen würde, wenn er wüsste, wo sich sein Vater versteckt, antwortet er: «Tatsächlich würde ich ihn verstecken. Weil er mein Vater ist. Ich liebe ihn immer noch so sehr, von ganzem Herzen.» Das wäre bei der Tochter von George Bush, dem damaligen US-Präsidenten, nicht anders, rechtfertigt er sich.

Dabei war Osama bin Laden alles andere als ein liebevoller Vater: Wenn Omar oder seine Geschwister zu breit grinsten, setzte es vom Vater laut ABC Schläge. Andere Emotionen zeigte der Terror-Fürst seinen Kindern nicht. Was er wohl dazu gesagt hätte, dass Freddie Mercury der Liebling seines Sohnes ist? Ausgerechnet jener Farrokh Bulsara, der auf Sansibar geboren wurde, um als schwuler Rockstar die Welt aufzumischen.