Ein pädophiler Sozialtherapeut, der 2014 von der Berner Justiz zu 13 Jahren Haft und einer stationären Massnahme verurteilt worden war, wird nachträglich verwahrt. Dies hat das Regionalgericht Bern-Mittelland entschieden.
Der heute 62-jährige Mann war 2014 wegen Schändung, sexuellen Handlungen mit Kindern und Pornografie verurteilt worden. Der Sozialtherapeut hatte gestanden, sich während Jahrzehnten an insgesamt 114 behinderten Kindern vergangen zu haben. Wegen Verjährung ging es vor Gericht um 33 Missbrauchsfälle.
Vor einer Verwahrung sah das Gericht damals noch ab und verordnete zunächst eine stationäre Massnahme, die 2016 um fünf Jahre verlängert wurde. Die Heilbarkeit des Mannes wurde aber in der Folge von den Therapeuten in Frage gestellt, wie aus dem am Donnerstag publizierten Urteil zur nachträglichen Verwahrung hervor geht.
Unheilbar psychische Störung
So stoppten die Fachleute die deliktsorientierte Therapie, weil sie sich angesichts der über 10'000 Taten als «kontraproduktiv» gezeigt habe und jeden zeitlichen Horizont sprengen würde. Angesichts der unheilbaren psychischen Störungen und der «intensivsten Delinquenz» sei von einem hohen Rückfallrisiko auszugehen.
Ein Gutachter bestätigte gegenüber dem Gericht, dass es ohne «Deliktrekonstruktion» keinen Sinn mache, die stationäre Massnahme weiterzuführen. Die Verwahrung des Mannes sei aus forensisch-psychiatrischer Sicht klar zu empfehlen.
Dieser Empfehlung schloss sich das fünfköpfige Regionalgericht an und beurteilte eine Verwahrung auch angesichts des bestehenden Rückfallrisikos als verhältnismässig. Die Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit überwögen «deutlich».
Heimbranche zog Konsequenzen
Der Mann sitzt seit seiner Verhaftung im vorzeitigen Strafvollzug. Aufgeflogen war der Sozialtherapeut 2010 im Kanton Aargau, nachdem zwei Bewohner eines Behindertenheims ihren Eltern von sexuellen Kontakten mit ihrem Betreuer erzählten.
Von den 33 meist schwer behinderten Kindern, deren Fälle vor Gericht kamen, konnten nur zwei befragt werden. Die Opferanwälte berichteten damals vor Gericht von den verheerenden Folgen für die missbrauchten Kinder: Sie verloren das Grundvertrauen in ihr Umfeld und litten unter Panik und Angststörungen.
Der Missbrauchsskandal rüttelte die Heimbranche auf. Sie musste sich unangenehme Fragen stellen – etwa zur Tatsache, dass der Sozialtherapeut unentdeckt blieb und immer wieder neue Anstellungen fand.
Heime und Behindertenverbände lancierten daraufhin eine Charta unter dem Titel «Wir schauen hin!» Die Unterzeichner verpflichteten sich darin zu einer Null-Toleranz-Politik und zu Präventionsmassnahmen.
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