Dramatische MinutenWie eine Schiffscrew die dramatische Tsunami-Strandung auf Sulawesi erlebte
AP
8.10.2018
Glück im Unglück für die Besatzung einer indonesischen Fähre: Während des verheerenden Tsunamis auf Sulawesi wird ihr Schiff mitgerissen – doch die Crew überlebt.
Der Kapitän sollte die «Sabuk Nusantara» zu einem neuen Eigner auf der Insel Sulawesi bringen. Im Prinzip hat er seinen Auftrag erfüllt. Allerdings steht das Passagierschiff seit gut einer Woche nicht mehr im Hafen des Zielorts Wani, sondern in Wani selbst. Der von einem Erdbeben der Stärke 7,5 ausgelöste Tsunami hob den gelb-roten Rumpf wie ein Spielzeug über die Kaikante. Nach Schätzung der Seeleute könnte die Flutwelle bis zu 20 Meter hoch gewesen sein.
Die Wassermassen flossen schnell wieder zurück ins Meer. Das tonnenschwere Schiffe blieb jedoch an Land, inmitten schwer beschädigter Häuser. Die knapp zwei Dutzend Besatzungsmitglieder sind noch immer an Bord – und warten auf neue Anweisungen. Ein Team von Experten soll prüfen, ob es eine Möglichkeit gibt, die 63 Meter lange «Sabuk Nusantara» wieder ins Hafenbecken zu bringen.
Auf der Schiffsbrücke berichten der Kapitän und seine Leute von den chaotischen Minuten am vergangenen Freitag. «Es geschah ohne jede Vorwarnung», sagt der Zweite Offizier Jona Johanes. Als sich das Wasser – wie bei einem Tsunami üblich – zunächst sehr schnell zurückgezogen habe, seien mindestens zehn Boote, die vor Wani gelegen hätten, wild gegeneinander gestossen. «Unser Schiff wurde hin und her geschleudert wie ein Basketball.»
«Es war chaotisch»
Für die Region war es eine Katastrophe. Besonders dramatisch sind die Schäden in Palu, einer 30 Kilometer südlich von Wani gelegenen Stadt mit 380'000 Einwohnern. Insgesamt wurden mindestens 1'550 Menschen getötet, etwa 70'000 verloren ihre Häuser. Etliche Siedlungen entlang der Bucht von Palu waren viele Tage ohne Strom und Trinkwasser. Dringend benötigte Hilfsgüter kommen erst jetzt allmählich an.
Da die 2014 gebaute «Sabuk Nusantara» gerade verkauft werden sollte, waren keine Passagiere an Bord. Bei voller Besetzung wären die Folgen der Strandung womöglich gravierender ausgefallen. Nach Angaben des Kapitäns Edy Junaidi zog sich das Wasser unmittelbar nach dem Erdbeben um sieben Meter zurück. Die anschliessende Welle habe eine Höhe von zehn bis 15 Metern erreicht, sagt er. Johanes schätzt sogar 15 bis 20 Meter. Offiziell heisst es bisher, der Tsunami sei etwa sechs Meter hoch gewesen.
Johanes hatte sich laut eigener Schilderung in seine Kajüte zurückgezogen und wollte gerade den Fernseher anschalten, als am 28. September um kurz nach 18:00 Uhr die Erde bebte. Alles habe «extrem geschaukelt», eine Lampe sei kaputt gegangen und die Klimaanlage sei zu Boden gestürzt, sagt er. Als er das Deck erreicht habe, sei die riesige Welle bereits auf das Schiff zugekommen.
In den folgenden ein bis zwei Minuten herrschte Panik an Bord. Die Besatzung hatte alle Leinen gekappt – mit Ausnahme der Bugleine, die wegen des zunächst gesunkenen Wasserspiegels zu sehr unter Spannung stand. «Ich hatte den Eindruck, der Grund würde immer weiter steigen. Er war sehr hoch. Dann sah ich, wie der Landungssteg zusammenbrach. Es war chaotisch», erzählt der Matrose Imat. «Ich habe eine Welle gesehen, eine dunkle, hohe Welle. Das kann man sich gar nicht vorstellen.»
Johanes war auf der Brücke, als das Schiff mit voller Wucht vom Tsunami getroffen wurde. «Ich habe mich festgehalten. Ich dachte, wir würden gegen den Pier geschleudert», sagt er. «Aber dann habe ich gemerkt, dass wir gar nicht geschleudert wurden. Stattdessen sind wir geschwebt.» Kurz darauf war alles auch schon wieder vorbei. Soweit sich die Crew der «Sabuk Nusantara» erinnern kann, vergingen nur drei bis fünf Minuten vom plötzlichen Rückzug des Wassers bis zum Eintreffen der Welle.
Der Schock ist überwunden
Es dauerte allerdings einen Moment, bis die Besatzungsmitglieder merkten, dass sie jenseits der eigentlichen Uferlinie aufgesetzt hatten. Denn nachdem der Tsunami sie empor gehoben und ein Stück weit mit sich gerissen hatte, war um sie herum zunächst noch immer alles voller Wasser. Im Rückblick sei es eine geradezu «sanfte» Landung gewesen, sagt Imat, der nur einen Namen nutzt. Allem Anschein nach sei das Schiff überhaupt nicht beschädigt. Laut Kapitän Junaidi liegt die «Sabuk Nusantara» auch nur 50 Meter von ihrer ursprünglichen Position im Hafen entfernt. Das Schiff in diese Position zurückzubringen, dürfte trotzdem eine grosse Herausforderung werden.
Während des Tsunamis hätten alle riesige Angst gehabt, sagt Imat – «aber ohne dabei unsere Aufgaben und Pflichten zu vergessen». Zunächst seien «alle in Panik geraten», bestätigt Johanes. «Wir haben dann aber auf Anweisungen des Kapitäns gewartet. Und der Kapitän hat es geschafft, uns zu beruhigen.» Nach etwa 30 Minuten habe sich rings um das Schiff Land gezeigt. «Erst da wurde uns bewusst, dass wir uns nicht mehr im Meer befinden», sagt der Zweite Offizier.
Eine Woche nach der Katastrophe scheinen die Seeleute den Schock einigermassen überwunden zu haben. Während sie erzählen, können sie zum Teil sogar darüber lachen. Dass sie bis auf weiteres auf einem trocken gefallenen Schiff ausharren müssen, stört sie weniger. «Wir könnten auch vom Schiff runter klettern», sagt Johanes. Aber alle Geschäfte im Ort seien noch geschlossen, vieles sei zerstört. Vor einigen Tagen habe es sogar Plünderungen gegeben. «Wohin sollten wir also gehen?»
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Bild: Daniel Bockwoldt/dpa
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Bild: Peter Dejong/AP/dpa
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Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
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Bild: Brenton Edwards/ADELAIDE ADVERTISER/AAP/dpa
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