Bundesgericht Selbständige Mütter: Keine Betriebszulagen

SDA

15.7.2020 - 12:04

Das Bundesgericht hat die Beschwerde einer selbständig erwerbenden Mutter abgewiesen. (Symbolbild)
Das Bundesgericht hat die Beschwerde einer selbständig erwerbenden Mutter abgewiesen. (Symbolbild)
Source: KEYSTONE/GAETAN BALLY

Selbständig erwerbende Frauen haben bei Mutterschaft keinen Anspruch auf Betriebszulagen zusätzlich zur Mutterschaftsentschädigung. Dies sei der Wille des Gesetzgebers, hat das Bundesgericht entschieden. Es sieht darin keine geschlechtsbedingte Diskriminierung.

Frauen nach der Niederkunft und Männer und Frauen, die beispielsweise in der Armee Dienst leisten, erhalten 80 Prozent ihres Lohnes. Dies sieht das Erwerbsersatzgesetz (EOG) vor. Selbständig erwerbende Dienst Leistende erhalten zudem Betriebszulagen, um die Kosten ihres weiterlaufenden Betriebs zu begleichen.

Selbständig erwerbende Mütter haben diesen Anspruch nicht. Das Erwerbsersatzgesetz sieht diesen nicht vor, führt das Bundesgericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil aus. Der Gesetzgeber habe dies so gewollt, wie aus den Materialien zur Entstehung der Mutterschaftsentschädigung klar hervorgehe.

Davon abzuweichen würde laut Bundesgericht den Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung des in der Bundesverfassung festgehaltenen Gebots der Gleichbehandlung von Mann und Frau sprengen.

Verschiedene Ausgangslagen

Für die zweite sozialrechtliche Abteilung des Bundesgericht in Luzern besteht keine geschlechtsbedingte Diskriminierung im Vergleich mit selbständig erwerbenden Männern und Frauen, die Dienst leisten. Denn es würden keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen.

Die Mutterschaftsversicherung knüpfe an die biologische Mutterschaft an. Diese Versicherung könnten also nur Frauen in Anspruch nehmen. Männer könnten rechtlich durch eine solche Regelung nicht diskriminiert werden, da sich bei ihnen kein vergleichbarer Sachverhalt verwirklichen könne.

Durch die Mutterschaftsversicherung begünstigte Frauen könnten im Gegenzug aber auch keine geschlechtsbedingte Diskriminierung geltend machen, wenn eine andere Sozialversicherung Entschädigungen anders ausgestalte.

Politisch nicht angezeigt

Das Bundesgericht hält fest, es sei nicht an ihm, sich zur politischen Opportunität der unterschiedlichen Ausgestaltung der Ersatzordnungen zu äussern. Und es fügt an, es existiere «kein genereller Grundsatz, demzufolge der Staat seine Bürgerinnen und Bürger vor sämtlichen Unwägbarkeiten des Lebens gleichermassen abzusichern hätte».

Die sozialrechtliche Abteilung verweist in seinem Urteil auf zwei 2019 vom Parlament angenommene Motionen mit dem Titel «Betriebszulagen bei Mutterschaftsentschädigung von Selbständigerwerbenden». Der Bundesrat muss nun die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen schaffen.

Für die im vorliegenden Fall beschwerdeführende Zürcher Anwältin wird die allfällige Gesetzesanpassung jedoch zu spät kommen. (Urteil 9C_737/2019 vom 22.6.2020)

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