Klimawandel zerstört Wintergeschäft Skilifte in den Voralpen kämpfen ums Überleben

Von Silvana Guanziroli

12.2.2018

Die Schüler freuts. In den meisten Kantonen der Schweiz sind derzeit Sportferien und viele Familien zieht es auf die Skipisten. Doch für die Liftbetreiber unter 1400 Metern gilt: Trotz Neuschnee kämpfen sie ums Überleben.

Für sie ist jeder Schneetag ein Geschenk und dafür lassen sie alles stehen und liegen. Die Skiliftbetreiber in den Schweizer Voralpen rattern seit den Morgenstunden mit ihren Pistenfahrzeugen über die Hänge. Unter ihnen auch Josef Ruoss, Betriebsleiter des Skilifts Bildhaus am Ricken im Kanton St. Gallen. «In der Nacht auf heute hat es endlich wieder genug Schnee gegeben», freut er sich. 30 Zentimeter seien gefallen. «Am Nachmittag sind wieder alle Pisten offen.»

Ruoss und seine Familie betreiben den Skilift auf 860 Metern seit 1964. Und in den vergangenen Jahrzehnten habe sich bezüglich Klima einiges verändert, weiss der 60-Jährige. «Es ist für die Jahreszeit einfach zu mild», erklärt er. «Die Niederschlagsmenge würde ja noch stimmen. Doch statt Schnee fällt halt oft Regen.»

Den diesjährigen Winter bezeichnet Ruoss als durchschnittlich. Doch wie sehen es seine Mitstreiter, Skiliftbetreiber unterhalb von 1400 Metern? «Bluewin» hat sich im Toggenburg, dem Zürcher Oberland und den tieferen Hängen des Berner Oberlands umgehört.

Sportbahnen Atzmännig – Sommer ist Kerngeschäft

Das Skigebiet im Kanton St. Gallen liegt auf 840 bis 1200 Metern. In der Nacht auf Montag sind rund um die Bergstation 75 cm Neuschnee gefallen. Dass der Winter jetzt passend zu den Sportferien wieder Einzug hält, freut Geschäftsführer Roger Meier. «Wir verfügen über keine Schneekanonen und sind für den Betrieb ganz und gar auf Naturschnee angewiesen.» 

In diesem Jahr verzeichneten die Sportbahnen bereits 45 Schneetage. «Wir konnten den Skibetrieb schon am 2. Dezember aufnehmen und hatten auch über die Festtage gute Verhältnisse», so Meier. «Das gab es so in den letzten fünf Jahren nicht mehr.»

Doch auch in Atzmännig spricht man von einem durchzogenen Winter. Die Rekordergebnisse der letzten Jahre lagen bei 72 Schneetagen und selbst dann ist das Wintergeschäft alleine nicht ausreichend. «Für unseren Betrieb gilt deshalb grundsätzlich: Das Sommergeschäft ist unser Kerngeschäft», so Meier. 

Skilifte Aeschi und Aeschiried – Landwirte betreiben Bahn

Die zwei Skilifte in der Nähe von Spiez BE liegen auf 860 bis 1400 Metern Höhe. Auch hier sind in der Nacht auf Montag rund 20 Zentimeter Neuschnee gefallen. 

Ab Dienstag ziehen die Lifte wieder Skifahrer den Hang hinauf. «Wir freuen uns über jeden zusätzlichen Tag», sagt Betriebsleiter Rudolf Zenger. «Wir hatten den ganzen Januar zu wenig Schnee, um die Lifte laufen zu lassen. Im ganzen Winter waren es bisher lediglich 14 Tage.»

Für die Betreiber sind die Lifte ein Stück Tradition, sie stecken deshalb viel Herzblut in deren Erhalt. Denn finanziell kann davon niemand leben. «Wir haben hier niemanden fest angestellt . Wir Landwirte im Dorf betreiben den Lift neben unserer eigentlichen Arbeit. So halten wir die Fixkosten tief.» Im Schnitt läuft der Betrieb wegen des fehlenden Schnees gerade mal drei bis vier Wochen im Jahr.

Skilifte Alpsteinblick – «Schwacher Winter»

Rund um den Alpstein im Kanton Appenzell Innerrhoden ist man mit dem diesjährigen Winter nur wenig zufrieden. So beschreibt es zumindest Markus Ruesch, der die Skilifte Alpsteinblick betreibt. «Es ist bisher ein sehr schwacher Winter», sagt er ausdrücklich. «Wir konnten gerade mal an 13 Tagen öffnen. In guten Winter sind es 50 bis 60.»

Jetzt gab es im Skigebiet auf 900 bis 1190 Metern immerhin 15 bis 20 Zentimeter Neuschnee. «Natürlich nehmen auch wir den Betrieb sofort wieder auf.» Ruesch, der hauptberuflich als Kältemonteur arbeitet, betreibt die Skilifte in zweiter Generation. Dafür ist er auf seine Familie, aber auch freiwillige Helfer angewiesen.

Einmal hat der Appenzeller bisher ans Aufhören gedacht. Das war im Winter 2006/07. «Das war eine Katastrophe damals. Wir konnten keinen einzigen Tag öffnen, so wenige Schnee hatte es.»

Heute will Ruesch vom Aufgeben nichts mehr wissen. «Ich hab an diesem Hang Skifahren gelernt. Wir machen es deshalb so: Wir nehmen den Schnee, der kommt und hoffen gleichzeitig, dass uns die Behörden mit neuen Betriebsvorschriften nicht noch die wenigen Einnahmen aus der Kasse ziehen.»

Schneekanone kostet 100'000 Franken

Zurück in den St. Galler Voralpen beim Skiliftbetreiber Josef Ruoss in seinem Pistenmobil. Auf die Frage, wie er es denn mit dem Aufhören hält, wird er nachdenklich. Es sei manchmal schon ein «Chrampf», wie er sagt. «In fünf Jahren werde ich pensioniert. Was dann mit dem Betrieb passiert, ist unklar.»

Er habe die letzten Jahre immer nach Lösungen für den Erhalt des Skilifts gesucht. «Ein Schneekanonenverkäufer wollte mir nicht einmal eine Offerte machen», so Ruoss. Und als er die Zahlen hörte, musste er dem Geschäftsmann Recht geben. Ruoss: «Eine Schneekanone, die 100 Meter beschneien kann, kostet 100'000 Franken. Das sind für uns völlig utopische Beträge. Wer kann das schon bezahlen?»

Bilder des Tages
Zurück zur Startseite