Südkoreanische Haenyeo Sterben die südkoreanischen Meerfrauen aus?

fab

17.2.2018

Auf Jeju-do leben die Haenyeo. Seefrauen, die ohne Sauerstoff minutenlang nach Meeresfrüchten tauchen. Ihr Erfolg wird ihnen inzwischen zum Verhängnis.

Man nennt sie die letzten Meerfrauen Koreas, die Haenyeo. Mittlerweile gibt es nur noch wenige Hundert von ihnen auf Jeju-do. Die meisten sind zwischen 60 und 80 Jahre alt. Trotz fortgeschrittenem Alter ist ihre sportliche Leistung beeindruckend. Nur mit der Kraft ihrer Lungen können sie bis zu vier Minuten lang die Luft anhalten, während sie den Meeresboden nach Fischen, Seegras oder Schalentieren absuchen.

Eine besonders beliebte Beute sind die sogenannten Jeonboks. Das sind Meeresschnecken, deren Fuss als besondere Delikatesse gilt. Ihr wird sogar eine aphrodisierende Wirkung nachgesagt. Mit konventionellen Methoden der Fischerei lassen sich die begehrten Schnecken nicht erreichen, weshalb sie ausschliessilch den Taucherinnen vorbehalten sind.

Spezielle Atemtechnik

Die Haenyeo tauchen ohne Pressluftflaschen. Ihre Ausrüstung besteht nur aus einer Taucherbrille, Schwimmflossen, einem Neoprenanzug, einem Bleigurt, einer Harke zum Lösen der Meerestiere von Felsen, einem Netz zum Einsammeln des Fangs und einem Seil mit Boje, um ihren Standort zu markieren. Beim Auftauchen geben die Damen Pfeiftöne von sich, die durch das Ausstossen der Luft entstehen. Die spezielle Atemtechnik erlaubt es ihnen, erneut in die Tiefe abzutauchen. Und die Geräusche haben noch einen weiteren Vorteil: Bei schlechter Sicht verständigen sie sich damit untereinander.

Damit sich die Tauchgänge lohnen, bleiben die Haenyeo drei bis fünf Stunden im Meer. Die geernteten Meeresfrüchte verkaufen sie dann an teure Restaurants oder in die grossen Städte, nach Busan etwa, die Metropole an der Südküste Koreas.

Zukunft ungewiss

Die Körper der «Seefrauen» gleichen einem biologischen Wunder. Forscher haben herausgefunden, dass sie Methoden beherrschen, mit denen sie ihr Lungenvolumen erweitern können. Ihr Trick: Sie nutzen etwa die Milz als Sauerstoffspeicher. So können sie sich mehrere Minuten unter Wasser aufhalten. Doch ungefährlich ist das nicht. Beim Auftauchen drohen Ohnmachten, deshalb tauchen die Frauen nie alleine ab.

Die Haenyeo sind bis heute stolz und unabhängig. Die meisten von ihnen sind inzwischen Grossmütter und Nachwuchs kommt kaum nach. Paradoxerweise wird den Frauen der eigene Erfolg zum Verhängnis. Seit den 70er Jahren konnten es sich die Taucherinnen nämlich leisten, ihre Töchter auf gute Schulen zu schicken. Diese wollen nun in die grossen Städte und dort studieren und Karriere machen. Deshalb wird die Tradition wohl aussterben.

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