Klima-Studie So schädlich ist Tourismus wirklich

dpa

7.5.2018

Der Treibhaushas-Ausstoss, der von Tourismus verursacht wird, ist deutlich grösser, als bislang vermutet.
Der Treibhaushas-Ausstoss, der von Tourismus verursacht wird, ist deutlich grösser, als bislang vermutet.
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Kaum ein Wirtschaftszweig steigt so schnell wie der Tourismus. Und mit ihm geht der Treibhausgasausstoss in die Höhe. Er dürfte ohnehin grösser sein als angenommen.

Der Ausstoss klimaschädlicher Treibhausgase durch den weltweiten Tourismus ist einer neuen Studie zufolge grösser als bisher angenommen. Ein Forscherteam beziffert ihn auf rund acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Die Wissenschaftler um Arunima Malik von der University of Sydney (Australien) bezogen dabei mehr als nur die Auswirkungen von Transportmitteln und Hotels in ihre Analyse ein. Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln findet es «sehr sinnvoll, den gesamten Kohlendioxid-Fussabdruck des Tourismus zu berechnen».

Frühere Untersuchungen erbrachten nach Angaben der Forscher geringere Werte. So sei eine Studie von 2010 auf einen Treibhausgasausstoss mit der Klimawirkung von 1,12 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO2-Äquivalente) für den globalen Tourismus gekommen. Dies habe damals etwa drei Prozent der weltweiten Emissionen ausgemacht. «Diese Analysen decken jedoch nicht die dem Tourismus zugrundeliegenden Lieferketten ab und stellen daher keine echten CO2-Fussabdrücke dar.» Deshalb zählten Malik und Kollegen auch die klimaschädlichen Auswirkungen von Speisen und Getränken sowie Einzelhandelsangeboten zu den Folgen des internationalen Tourismus.

329 Millionen Tonnen CO2 allein durch deutsche Touristen

Die Forscher stützten sich auf umfassende Daten zum Tourismus in 189 Ländern, unter anderem von der Weltorganisation für Tourismus (UNWTO). Diese Daten brachten sie in eine eigene Datenbank ein, um den CO2-Fussabdruck nach der Herkunft von Touristen aufschlüsseln zu können. In einem weltweiten Ranking der Treibhausgasverursacher kamen die Touristen aus Deutschland hinter denen aus den USA und China auf Platz 3. Allein die deutschen Reisenden verursachten demnach 329 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Es folgten die Touristen aus Indien, Mexiko, Brasilien, Kanada und Japan.

Nach einer weiteren Teiluntersuchung ist der Treibhausgasausstoss durch den Tourismus von 2009 bis 2013 von 3,9 auf 4,5 Milliarden CO2-Äquivalente gestiegen. Das entspreche einer jährlichen Steigerungsrate von 3,3 Prozent, schreiben die Wissenschaftler. Mit wachsendem Wohlstand erhöhe sich der Treibhausgasausstoss durch touristische Reisen sogar überproportional: Bei einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 40'000 Dollar pro Kopf führe ein Anstieg des Wohlstands um 10 Prozent zu einem Anstieg des CO2-Fussabdrucks durch Reisen um bis zu 13 Prozent. Die Schweiz lag 2016 bei 78'800 Dollar.

Kreuzfahrtschiffe gelten als wahre Dreckschleudern. Das tut der Reiselust keinen Abbruch.
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Steigende Nachfrage

Unter optimistischen Annahmen könne der Anstieg der Treibhausgas-Emissionen durch Touristen bis 2025 auf fünf Milliarden Tonnen begrenzt werden, prognostizieren die Forscher. Sollte sich am gegenwärtigen Trend allerdings nichts ändern, werde der tourismusbedingte klimaschädliche Ausstoss in sieben Jahren 6,5 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente betragen. Denn für die vergangenen Jahre gilt: «Die Nachfrage der Verbraucher nach Reisen ist viel schneller gewachsen als der Konsum anderer Produkte und Dienstleistungen.»

«Unsere Analyse ist ein erster weltweiter Blick, auf die wahren Kosten des Tourismus - inklusive aller Konsumprodukte wie Essen ausser Haus und Souvenirs», sagte Malik. Die Forscher fordern, generell weniger zu fliegen und mehr Ausgleichsmassnahmen für den CO2-Ausstoss zu bezahlen. Es gibt verschiedene Agenturen zur CO2-Kompensation, die mit diesem Geld Projekte für erneuerbare Energien unterstützen. Auch Steuern auf Kohlendioxid oder ein Emissionshandel - speziell für den Flugverkehr - seien wichtig, um die Emissionen durch den Tourismus einzudämmen, sagte Ko-Autorin Ya-Yen Sun von der National Cheng Kung University in Taiwan.

Transparente Studie

Für den Klimaexperten Niklas Höhne ist es vor allem das Einbeziehen von Nahrungsmitteln, das den Wert der Treibhausgas-Emissionen in der aktuellen Berechnung ansteigen lässt: «Landwirtschaft ist sehr treibhaushausintensiv, etwa ein Drittel der weltweiten Emissionen stammen aus diesem Gebiet».

Höhne nannte die Studie sehr transparent; so gäben die Autoren selbst zu, dass die CO2-Werte geringer wären, wenn man nur das Essen berechnen würde, das Touristen zusätzlich zu ihrer durchschnittlichen Ernährung im Heimatland zu sich nehmen. Den Ausstoss durch das Essen daheim hatten sie nicht verrechnet. Andererseits berücksichtigten die Berechnungen der Flugreisen nicht den Ausstoss von Wasserdampf in grossen Höhen. Wasserdampf ist etwa dreimal so klimawirksam wie CO2.

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