Webb-Teleskop gestartetSuche nach den Ursprüngen des Universums
sda/tgab
25.12.2021 - 16:00
Nach jahrzehntelangen Vorbereitungen ist das James-Webb-Weltraumteleskop am Samstag endlich ins All gestartet. Nun befindet es sich auf dem Weg zum 1,5 Millionen Kilometer entfernten Zielorbit. Die Reise dauert etwa vier Wochen.
Keystone-SDA, sda/tgab
25.12.2021, 16:00
26.12.2021, 09:28
SDA
Eine Ariane-5-Rakete hob um 13.20 Uhr MEZ vom Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guyana ab und setzte das Teleskop wenig später erfolgreich ab.
Vor diesem Start liegen 30 Jahre Entwicklungszeit, zehn Milliarden Dollar Kosten und immer wieder verschobene Starts. Das «James Webb Space Telescope» (JWST) ist das teuerste Teleskop in der Geschichte der Menschheit. Es ist jetzt allein auf seiner historischen Mission – und eines der anspruchsvollsten Weltraum-Projekte der Menschheit ist erfolgreich auf den Weg gebracht.
Etwa vier Wochen wird es dauern, bis das Teleskop in seinem rund 1,5 Millionen Kilometer entfernten Zielorbit (rund vier Mal so weit wie die Distanz zwischen Erde und Mond) ankommt. Dort soll es unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter grossen Spiegels tiefer ins Universum schauen als jedes andere Fernrohr zuvor.
Über zehn Jahre lang soll das Teleskop die ältesten Galaxien des Weltalls erkunden – «James Webb beginnt seine Reise zur Geburt unseres Universums», sagt der Kommentator der Nasa-Liveübertragung dazu.
Auch Schweizer Beitrag
Unter anderem erhofft sich die weltweite Forschungsgemeinschaft von «Webb» Erkenntnisse über die frühe Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Untersucht werden soll aber auch die direkte Umgebung der Erde in unserem Sonnensystem. Webb-Aufnahmen sollen etwa zeigen, ob es bewohnbare Planeten mit Wasservorkommen gibt.
Auch Schweizer Forschende freuen sich, dass James Webb ins Universum geschossen wurde. Mehrere Teams von Schweizer Hochschulen konnten sich nämlich begehrte Beobachtungszeit mit dem Weltraumteleskop sichern und steuerten vier Instrumente an Bord des Weltraumteleskops bei. Es handelt sich um das Instrument mit dem Namen «Miri» (Mid Infr
«Wir haben der Menschheit auf der ganzen Welt ein Weihnachtsgeschenk bereitet», sagt Josef Aschbacher, österreichischer Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA kurz nach dem Start – und gibt dann zu, besonders aufgeregt gewesen zu sein. «Ich könnte das nicht jeden Tag machen, das wäre nicht gut für meine Lebenserwartung.»
Die Kooperation der Weltraumagenturen Nasa aus den USA, CSA aus Kanada und ESA aus Europa mit vielen weiteren Partnern ist beispiellos – und sie stand nicht immer unter einem guten Stern. Das Fachmagazin «Nature» schrieb einst vom «teuersten astronomischen Risiko der Geschichte».
Ende der 80er Jahre kam erstmals die Idee eines solchen Teleskops auf, seitdem wurde geplant und gebaut. Immer wieder verzögerte sich die Entwicklung, die ursprünglich auf rund 500 Millionen Dollar geschätzten Kosten explodierten. Schon 2007 hatte das Teleskop ursprünglich einmal starten sollen – aber der Start verschob sich wieder und wieder nach hinten.
Kontroverse um Namen
Danach gab es eine Kontroverse um den Namen, der auf den zweiten Direktor in der Geschichte der Nasa zurückgeht. Webb stand in den 60er Jahren der Nasa vor – zu Zeiten, in denen die Behörde die ersten Menschen ins All schickte, aber auch zu Zeiten, in denen ein Mitarbeiter entlassen wurde unter dem Verdacht, dass er schwul sein könnte. Zahlreiche Wissenschaftler hatten eine Umbenennung gefordert, aber der aktuelle Nasa-Chef Bill Nelson lehnte ab.
Das James-Webb-Teleskop ist um ein Vielfaches leistungsfähiger als das 1990 ins All gestartete Hubble-Teleskop. Während «Hubble» im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht «James Webb» im infrarotnahen. Damit könne das Teleskop, sagte einmal der Astrophysiker John Mather, «von der Erde aus eine Biene auf dem Mond aufspüren».
Erste Daten und Bilder des Teleskops werden frühestens im Sommer erwartet – wenn weiter alles gut geht. Die Nasa hatte zum Start 344 kritische Punkte während der Mission definiert, die den geplanten Einsatz des Teleskops bedrohten. Auch dass das Teleskop so weit weg fliegt, birgt ein Risiko: Während «Hubble» in 500 Kilometern Höhe mit Shuttle-Flügen mehrfach repariert und gewartet wurde, geht das beim JWST in 1,5 Millionen Kilometer Entfernung nicht mehr.
«Grosse Belohnung kommt immer mit grossem Risiko», sagt Bill Nelson in einem kurzen Statement nach dem Start am Samstag. Er schliesst mit Worten, die er der Bedeutung des Moments für angemessen hielt: «Gott schütze die Wissenschaftler und Gott schütze den Planeten Erde.»