«Verlobte» lässt ihn auffliegenUndercover-Polizist führt 19 Jahre lang Doppelleben, Kind inklusive
tjnj
7.9.2023
Der Verlobte einer Engländerin und Vater ihres Kindes hat sich als Undercover-Polizist entpuppt, der ein Doppelleben führte. Die Polizei vertuschte den Skandal – nun wendet sich die Familie an die Öffentlichkeit.
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07.09.2023, 21:36
08.09.2023, 10:02
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein englischer Undercover-Polizist hat 19 Jahre lang eine Beziehung mit einer Frau geführt und sein Alias genutzt, um ein Doppelleben zu führen.
Als der Betrug aufflog, war das Paar verlobt. Der Polizist ist der Vater eines gemeinsamen Sohnes sowie der Stiefvater einer Tochter der Frau.
Die Polizei erfuhr bereits 2013 von dem Doppelleben des Beamten. Erst 2020 wurde die Frau über den Betrugsfall informiert.
Daraufhin habe die Polizei die Familie unter Druck gesetzt, nicht mit dem Fall an die Öffentlichkeit zu gehen – was sie nun trotzdem getan hat.
Nach 19 Jahren Beziehung wollte eine Frau in Südwest-England ihren Partner heiraten. Mit ihrem Verlobten hatte sie ein gemeinsames Kind, er war ausserdem bereits der Stiefvater ihrer Tochter. Die Beziehung stand auf festen Beinen – bis die Polizei vor der Tür stand.
Die Beamten informierten die Frau, dass ihr Partner nicht sei, wer er vorgibt zu sein: Er habe selbst einmal für die Polizei gearbeitet, als Undercover-Agent – und sein Alias genutzt, um sich ein zweites Leben aufzubauen. Selbst auf der Geburtsurkunde des gemeinsamen Kindes steht er: der falsche Name, mit dem er verdeckt ermittelt hatte.
Die Hiobsbotschaft erreichte die Frau im August 2020 – seit 2001 waren sie und der Mann, den sie fälschlicherweise für einen Geschäftsmann hielt, ein Paar. Nun haben sie und ihre Familie sich mit ihrer Geschichte an die Presse gewandt.
Polizei schwieg sieben Jahre lang
Sie selbst möchte zwar nicht über den Fall sprechen – ihre Familie aber sprach nun mit dem «Guardian»: Die Geschichte müsse rauskommen und die Polizei zur Rechenschaft gezogen werden.
Denn die ehemaligen Kolleg*innen ihres Verlobten wussten schon seit 2013 von dem Missbrauch seines Decknamens, mit dem er die Frau hinters Licht geführt hatte. 2013 hörte er auch auf, als Polizist zu arbeiten.
Dass das Ende seiner Tätigkeit damit zusammenhängt, dass seine Vorgesetzten von seinem Zweitleben erfuhren, ist naheliegend, konnte aber bislang nicht bestätigt werden.
Erst sieben Jahre später entschied die Polizei sich dazu, die Frau über die falsche Identität ihres Partners aufzuklären – und übte dann Druck auf die Familie auf, nicht mit der Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, weil das schlimme Konsequenzen für die Vertrauenswürdigkeit der Polizei hätte.
Familie leidet immer noch unter den Folgen
«Sie wollen sich selbst um jeden Preis beschützen», so die Schwester des Opfers. «Sie nutzen uns aus und zwingen uns, sie ob ihrer Verfehlungen zu decken. Sie versuchen, uns zum Schweigen zu bringen.» Die Polizei hat sich inzwischen offiziell entschuldigt.
Der Familie der Geschädigten ist das zu wenig. «Der Stress dieser Sache hat die Gesundheit unseres Vaters zerstört», führte die Schwester weiter aus. «Er ist jetzt im Spital. Meine Mutter nimmt Antidepressiva, sie kann nachts nicht schlafen.» Die geschädigte Partnerin habe «suizidale Gedanken ausgedrückt. Sie weint täglich. Sie schläft nicht. Sie hat Angst.»
Die ehemalige Verlobte des Polizisten war kein Ziel einer Ermittlung, ihre Familie hat auch nichts mit Kriminellen zu tun – sie selbst geniesst in ihrer Gemeinde ein hohes Ansehen.
Geschädigtes Ansehen in der Gemeinde
Ein solches genoss auch ihr Ex-Partner bei ihrer Familie. Er habe ein gutes Verhältnis mit der Mutter kultiviert, schilderte der Bruder der Geschädigten. Er habe ihn dabei aber als «manipulativ» wahrgenommen. Er sei immer wieder ein paar Tage weggewesen – auf einem «Geschäftstrip».
Im Nachhinein könne man erkennen, dass der Mann eine «geheime Seite» gehabt habe, sagte die Schwester. Doch stattdessen habe sie ihn für eine sehr private Person gehalten.
Da die Familie in einer Gemeinde lebt, in der die Polizei ein schlechtes Ansehen hat, fürchten die Familienmitglieder, es könne die Geschichte die Runde machen, sie hätten sich wissend auf den Geheimermittler eingelassen.
Dazu kommt die Angst, dass Schwerkriminelle, gegen die der Polizist ermittelt hatte, sich an ihm rächen könnten, indem sie seinem Sohn etwas antun.
Überwachungsbehörde ermittelt
«Alles, was wir wollten, ist, dass die Polizei unseren Namen vom Verdacht jeglicher Verwicklung wieder reinwäscht und ihre Fehler zugibt», so die Schwester. Doch die Polizei habe sich stets geweigert, öffentlich über den Fall zu sprechen, weil das zu riskant sei.
Die Überwachungsbehörde ermittelt nun in dem Fall. Dabei soll nicht nur das Verhalten des Undercover-Polizisten geprüft werden – sondern auch das der hohen Polizeibeamten, die der Familie wichtige Informationen vorenthalten haben sollen, um sich selbst zu schützen. So lautet jedenfalls der Vorwurf, den die Familie selbst erhoben hat.
«Ich habe jegliches Vertrauen in die Polizei verloren», sagte der Bruder. «Sie wollen sich selbst zufriedenstellen, sich selbst schützen. Sie schikanieren und bedrohen dich.»