Ungebetene Gäste Ungebetene Gäste: Wenn es plötzlich aus der Wand brummt

von Cilgia Grass

26.7.2018

Orientalische Mörtelwespen richten sich in Zürich ein

Orientalische Mörtelwespen richten sich in Zürich ein

Sie lieben Wärme - und machen es sich in der Wohnung oder im Rollladenkasten gemütlich: Orientalische Mörtelwespen (Sceliphron curvatum). So tönt es, wenn man sie zu Gast hat.

25.07.2018

Sie kamen, während ich übers Wochenende weg war. Und wie es aussieht, haben sie nicht vor, bald wieder zu gehen: Ich teile meinen Lebensraum neuerdings mit Orientalischen Mörtelwespen.

Als ich das Surren hörte, dachte ich, der Sohn meiner Nachbarn hätten sich eine Drohne angeschafft und übe das Fliegen. Ich war gerade in der Küche, das Geräusch kam aus meinem Schlafzimmer. Als es nicht aufhörte, sondern noch anschwoll, marschierte ich angesäuert zur Balkontür, um ein «Ist gut jetzt!» loszuwerden – und erstarrte: Das Geräusch schien aus dem Türrahmen zu kommen. Und aus der Wand. Das Ganze tönte, als ob jemand einen Schwarm Wespen ordentlich geärgert hätte.

Ratlos stand ich vor meiner Balkontür und traute mich nicht, sie zu öffnen. Erst recht nicht, als ich sah, was das Surren verursachte: Geflügelte Insekten, die zwischen Fassade und Fenster Richtung Rollladenkasten verschwanden. Insekten so lang wie Hornissen, aber mit seltsamem Leichtbau. Mir zitterten die Knie. Was, wenn die hereinkommen und mich stechen? Also blieb die Balkontür trotz der 30 Grad zu. Und ich kurbelte meinen Rollladen hektisch in beide Richtungen, um die Biester zu vertreiben. Ohne Erfolg. Wen zu Hilfe rufen? Den Hausmeister? Die Feuerwehr? Den Kammerjäger? Die «Men in Black»?

Wohnt gerne auch im Haus ...

Nachdem die erste Panik verflogen war, googelte ich die ungebetenen Gäste – und wurde bei der Stadt Zürich fündig. In einer Broschüre für Schädlingsprävention stiess ich auf die Orientalische Mörtelwespe. «Sieht genauso aus wie meine», dachte ich und fing an, den Text zu lesen: «Die Wärme liebende Orientalische Mörtelwespe (Sceliphron curvatum) fliegt an warmen Sommertagen bei geöffneten Fenstern in Wohnungen, um dort ihre Lehmnester zu bauen. Sie fliegt dabei unzählige Male mit Material ein und aus und baut kunstvolle Tönnchen aus Lehm für ihren Nachwuchs.» Die bis zu zwei Zentimeter langen Tierchen brächten dabei ihre Kokons beispielsweise an Bilderrahmen, Büchern, Betten, Schränken und sogar Vorhängen an. Na bravo.

Gruslig, aber harmlos: Die Schädlingsexperten der Stadt Zürich haben mir mit ihrer Broschüre über die Orientalische Mauerwespe die Angst genommen.   
Gruslig, aber harmlos: Die Schädlingsexperten der Stadt Zürich haben mir mit ihrer Broschüre über die Orientalische Mauerwespe die Angst genommen.   
Screenshot

Noch besser wurde es ein paar Absätze weiter: «Das Weibchen trägt als Nahrung für die Larven 8 bis 25 lebende, gelähmte Spinnen ein. Danach legt es ein Ei dazu und verschliesst die Zelle mit einem Lehmdeckel. Die aus dem Ei schlüpfende Larve ernährt sich bis zu ihrer Verpuppung vom Spinnen-Vorrat in ihrer Zelle.» Abgefahrene Wespen UND noch Spinnen? Hilfe!

Fenster bleiben zu

«Zum Glück sind die bei mir nur auf dem Balkon», schoss mir durch den Kopf. Immerhin: Gemäss den Schädlingsexperten der Stadt Zürich ist die Orientalische Mauerwespen harmlos. «Sie schadet weder Menschen noch Einrichtung. Eine Bekämpfung ist nicht nötig», war in der Broschüre zu lesen.

Seit ich weiss, dass ich mich nicht vor Stichen fürchten muss, habe ich mich mit den wohl Ende der 90er-Jahre von Touristen aus Zentralasien in die Schweiz eingeschleppten Untermietern arrangiert. Und da sie netterweise mit den Hühnern zu Bett gehen, habe ich den Abend für mich – mit offener Balkontüre und ganz ohne Gebrumm aus der Wand. Allerdings lasse ich meine Fenster generell nicht mehr gekippt.

Die Orientalische Mörtelwespe, hier auf dem Weg zu meinem Rollladenkasten, ist an ihrem Hinterteil, das an einer Art Stiel hängt, gut zu erkennen.
Die Orientalische Mörtelwespe, hier auf dem Weg zu meinem Rollladenkasten, ist an ihrem Hinterteil, das an einer Art Stiel hängt, gut zu erkennen.
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