Das Bezirksgericht Lenzburg AG verhandelt in der kommenden Woche eines der brutalsten Verbrechen der Schweizer Kriminalgeschichte: den Vierfachmord von Rupperswil. Der Angeklagte ist ein 34-jähriger Schweizer aus Rupperswil AG.
Der auf vier Tage angesetzte Prozess beginnt am Dienstag in den Räumlichkeiten der Mobilen Polizei in Schafisheim - unweit des Tatortes in Rupperswil. Grund dafür sind Platzprobleme und vor allem die Sicherheitsfragen.
Die 35 zugelassenen privaten Prozesszuschauer und die 65 akkreditierten Medienvertreter, die sich alle im Voraus anmelden mussten, haben sich bei jedem Eintritt ins Gebäude einem Sicherheitscheck durch die Polizei zu unterziehen. Das Areal des Polizeigebäudes bleibt - ausser der Weg zum Haupteingang - gesperrt.
Der erste Verhandlungstag beginnt gemäss Bezirksgericht mit der Befragung von zwei Gutachtern. Die Staatsanwaltschaft gab zwei psychiatrische Begutachtungen des Mannes in Auftrag.
Vierfachmord Rupperswil: Der Prozess
Der Vierfachmörder von Rupperswil wird ordentlich verwahrt. Das Aargauer Obergericht hat die Forderung der Staatsanwaltschaft nach lebenslanger Verwahrung abgelehnt. Der Täter liess sich von der Verhandlung dispensieren.
Das Bezirksgericht Lenzburg in Schafisheim AG hat am 16. März 2018 im Fall Rupperswil sein Urteil gesprochen: Es verurteilte den vierfachen Mörder zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe mit ordentlicher Verwahrung. Zur Tat kam es im Dezember 2015. Sehen Sie auf den nächsten Seiten die Bilder zum Fall.
23. Dezember 2015: Die vier Opfer sind identifiziert. Es handelt sich um eine 48-jährige Frau, ihre Söhne im Alter von 13 und 19 Jahren sowie die 21-jährige Freundin des älteren Sohnes. Die Frau und ihre zwei Söhne wohnten in dem Haus, die 21-Jährige war bei der Familie zu Besuch.
24. Dezember 2015: Um die Bluttat aufzuklären, setzt die Polizei auf Flugblätter. An Heiligabend gehen Dutzende Polizisten in Rupperswil und den umliegenden Gemeinden direkt auf die Bewohner zu. Auf dem Flugblatt ist zudem das Foto einer Überwachungskamera zu sehen, das die 48-jährige Frau beim Geldabheben kurz vor der Tat zeigt.
26. Dezember 2015: Dank ihrer Flugblattaktion bekommt die Polizei Dutzende von Hinweise. Darunter befinden sich auch zwei Aufnahmen von Videokameras in Fahrzeugen, sogenannten Dashcams. Weil aber die entscheidenden Hinweise fehlen, wird auch die internationale Polizeibehörde Interpol eingeschaltet.
8. Januar 2016: Fast 500 Personen nehmen in Rupperswil an einem Gedenkgottesdienst für drei der vier Opfer teil. Vertreter von Kirche und Politik sprechen tröstende Worte. Der Andrang ist so gross, dass rund 200 Trauergäste den Gottesdienst vom Saal des Kirchgemeindehauses aus verfolgen müssen.
8. Januar 2016: Fast 500 Personen nehmen in Rupperswil an einem Gedenkgottesdienst für drei der vier Opfer teil. Vertreter von Kirche und Politik sprechen tröstende Worte. Der Andrang ist so gross, dass rund 200 Trauergäste den Gottesdienst vom Saal des Kirchgemeindehauses aus verfolgen müssen.
18. Februar 2016: Die Behörden informieren erstmals ausführlich über den Fall, können aber keine Fortschritte bei der Auflösung melden. Für Hinweise wird eine Belohnung von 100'000 Franken ausgesetzt. Zudem wird ein weiteres Flugblatt in verschiedenen Sprachen mit dem Hinweis auf die Belohnung breit gestreut.
13. Mai 2016: Polizei und Staatsanwaltschaft vermelden, dass der mutmassliche Täter, ein 33-Jähriger aus Rupperswil, am Vortag festgenommen worden ist. Der nicht vorbestrafte Mann ist geständig. Der Täter hatte sowohl finanzielle wie auch sexuelle Motive. So verging er sich am 13-Jährigen und an dessen Mutter. Gekannt hatten sich Opfer und Täter nicht. Laut den Ermittlungsbehörden hatte der Mann weitere solche Taten geplant.
Kabelbinder, Tape, eine alte Armeepistole und Stricke, welche beim Täter im Vierfachmord Rupperswil sichergestellt worden sind.
In diesem Haus wohnte der mutmassliche Vierfachmörder von Rupperswil. Das Gebäude befindet sich rund 500 Meter vom Tatort entfernt. (Archiv)
Der Angeklagte muss wegen mehrfachen Mordes mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und einer Verwahrung rechnen. Die Staatsanwaltschaft wird ihren Strafantrag im Laufe der Verhandlung stellen.
Der Mann, der in der Nähe des Tatortes gewohnte hatte, befindet sich seit Ende Dezember 2016 im vorzeitigen Strafvollzug. Die Anklageschrift zum Gewaltverbrechen wird das Bezirksgericht Lenzburg für die Medien am kommenden Montag publizieren.
Der Schweizer ist auch wegen mehrfacher räuberischer Erpressung, mehrfacher Geiselnahme, mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfacher sexueller Nötigung, Brandstiftung sowie mehrfacher strafbarer Vorbereitungshandlungen angeklagt.
Kinderpornografie gefunden
Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Angeklagten zudem der mehrfachen Pornografie. Die Untersuchungsbehörden fanden auf den beschlagnahmten elektronischen Geräten des Mannes umfangreiches kinderpornografisches Material.
Dieses hatte er aus dem Internet heruntergeladen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass sich der Beschuldigte vor der Tat in Rupperswil jemals in sexueller Absicht einem Kind genähert habe, teilte die Staatsanwaltschaft früher mit.
Brutales Vorgehen
Bei den Opfern des brutalen Vierfachmordes handelt es sich um eine 48-jährige Frau, deren Söhne im Alter von 13 und 19 Jahren sowie um die 21-jährige Freundin des älteren Sohnes. Der Täter verging sich am jüngeren Sohn. Ein vorsätzlich gelegter Brand im Haus sollte die Spuren verwischen.
Der Angeklagte wurde am 12. Mai 2016 - 146 Tage nach dem Gewaltverbrechen - in einem Café im Zentrum von Aarau verhaftet. Zwei Stunden nach der Verhaftung war der Mann eindeutig mittels Fingerabdruck mit der Tat in Verbindung gebracht worden.
Bei der ersten Einvernahme gestand er den Vierfachmord. Der Mann wurde nach seiner Verhaftung im Gefängnis zunächst während Monaten rund um die Uhr überwacht, um einen Suizid zu verhindern.
Tat war geplant
Der nicht vorbestrafte Angeklagte hatte sich am frühen Morgen des 21. Dezember 2015 Zutritt zum Haus der Familie verschafft und die vier anwesenden Personen in seine Gewalt gebracht.
Er bedrohte den 13-jährigen Sohn und zwang die Frau, ihren 19-jährigen Sohn und dessen 21-jährige Freundin zu fesseln und zu knebeln. Auch der jüngere Sohn wurde danach gefesselt.
13-Jährigen missbraucht
Dann verlangte der mutmassliche Täter von der Frau, dass sie Geld beschafft. An Bankomaten in Rupperswil und Wildegg hob sie rund 1000 Euro und 10'000 Franken ab. Nach der Rückkehr ins Haus wurde auch die Frau gefesselt.
Danach verging sich der Mann gemäss Staatsanwaltschaft am jüngeren Sohn. Zuletzt tötete der Täter seine Geiseln, indem er ihnen die Kehle durchschnitt. Er zündete die Opfer mit Brandbeschleuniger an und verschwand unerkannt aus dem Haus. Die Tötungen und die Brandlegung waren von Anfang an geplant.
Die Tatwaffe, ein Küchenmesser, konnte nie gefunden werden. Der Beschuldigte gab an, er habe das Messer unmittelbar nach der Tat in Geschenkpapier eingewickelt und in der Stadt Aarau in einem öffentlichen Abfalleimer entsorgt.
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