Lachen gegen CoronaWarum Humor in der Krise wichtig ist
dpa/toko
28.11.2020
Witze über Toilettenpapier, Homeoffice oder Hygieneregeln — mit einem Lachen lässt sich die Coronakrise etwas leichter ertragen. Vor allem schwarzer Humor kann helfen. Aber auch in der Coronakrise gilt: Man sollte nicht über alles lachen.
Zwei Dinosaurier sitzen auf der Erde, während sich am Himmel ein Objekt nähert. Der eine ruft: «Ein Meteorit!» Und der zweite sagt: «Komm! Lass uns sofort Klopapier kaufen gehen!» Witze, die das Verhalten der Menschen in der Coronakrise verhöhnen, gibt es viele. «Humor schafft eine gewisse Erleichterung und emotionale Distanz. Wir können Sorgen und Ängste so leichter bewältigen», sagt die Autorin und Leiterin des Deutschen Instituts für Humor, Eva Ullmann.
Seit Monaten bestimmt die Corona-Pandemie den Alltag vieler Menschen — kein Wunder also, dass sie auch Auswirkungen darauf hat, welche Witze kursieren. «Eine Krise verändert und beeinflusst den Humor aller Betroffenen», schreibt Ullmann in ihrem Buch «Humor ist Chefsache», in dem sie sich auch der Coronakrise widmet. Demnach fördert die Pandemie bei Privatpersonen, aber auch in der Werbung neuen Humor — den Corona-Humor.
Systemrelevanter Osterhase
Das Besondere daran: Er findet vor allem online statt und verbreitet sich über die sozialen Medien. So zeigt ein Comic auf Instagram einen Sanitäter, der zu einem Notfall kommt: «Gott sei Dank ein Herzinfarkt. Der Corona-Scheiss geht mir echt auf die Nerven.» Zu Ostern wurden viele Witze gepostet wie: «Und wo haben Sie dieses Jahr das Klopapier versteckt?» Auch ein Spruch wie «Der Osterhase ist systemrelevant. Natürlich darf der raus!» wäre in keinem anderen Jahr witzig gewesen.
Auch Unternehmen entwickeln neuartigen Humor. So sorgte etwa ein Wiener Bestattungsunternehmen im Oktober für Aufruhr im Netz. Es hatte auf Alltagsmasken den Spruch drucken lassen: «Corona leugnen sichert Arbeitsplätze.»
Derartige Witze werden als aggressiver Humor bezeichnet. «Man macht sich auf Kosten anderer lustig. Das hat etwas Ausgrenzendes», weiss Humorforscherin Tabea Scheel von der Uni Flensburg. Dazu gehören in der Pandemie nicht nur gehässige Scherze über Corona-Leugner, sondern etwa auch über Politiker.
«Sozialer Humor schafft Nähe zwischen Menschen»
Doch böser Humor ist laut Ullmann gerade in der Coronakrise wichtig. «Er schafft Distanz und macht das Problem erträglicher.» Denn viele Menschen fühlten sich in Krisen ohnmächtig. Aggressiver, schwarzer Humor könne ihnen ein Gefühl von Handlungsfähigkeit vermitteln, erklärt die Expertin.
Demgegenüber steht der soziale Humor, der sich etwa über kollektiven WC-Papier lustig macht. «Hier lacht man zusammen. Wir gemeinsam gegen Corona», so Scheel. In Zeiten von Isolation und Kontaktbeschränkungen sei das besonders wichtig. «Sozialer Humor ist positiv und schafft Nähe zwischen Menschen.»
In einem sind sich beide Expertinnen einig: Humor in der Coronakrise darf viel, aber nicht alles. «In der Regel ist es gesellschaftlich schwierig, wenn sich Witze etablieren, die permanent zu Lasten einer bestimmten Gruppe gehen», sagt Scheel. Zu Beginn der Corona-Krise verbreiteten sich online beispielsweise lustige Fotos mit der Aufschrift «Oma, gib mir deine Handtasche, sonst huste ich dich an» oder «Das Coronavirus ist wie die Pasta. Die Chinesen haben sie erfunden und die Italiener haben sie verbreitet».
Nicht über alles lachen
Ausserdem bezeichnet Ullmann Witze als gefährlich, die Lügen verstärken. «Wenn sich Humor auf Falschinformationen draufsetzt, ist das nicht produktiv für die Bewältigung einer Krise», sagt die Humorexpertin. In einer Zeit, in der ohnehin viele Falschnachrichten kursierten, sollten solche Witze nicht verbreitet werden.
Diese Ansicht teilt auch Peter Wittkamp, einer der Hauptautoren der deutschen Satire-Sendung «heute-show». In «Übermedien», einem Onlinemagazin für Medienkritik, schrieb Wittkamp: «Trage, auch wenn es nur Scherze sind, nicht zu Panik, Lügen oder Resignation bei» und «Keine Scherze über erkrankte Menschen oder das Leid der anderen».
Fest steht: Humor ist immer individuell und abhängig von persönlichen Umständen. «Generell gehen wir humorvoll durch die Krise», sagt Scheel. Aber es gebe ja auch Menschen, die mit Kindern in Quarantäne seien oder im Krankenhaus auf der Intensivstation lägen. «Denen ist wahrscheinlich nicht zum Lachen zumute.»