Weisse WeihnachtenDie Krux mit dem Schnee zum Fest
Von Uz Rieger
12.12.2021
Fast jeder wünscht sich weisse Weihnachten – und wird regelmässig enttäuscht. Warum ist das so? Und lässt sich schon was zu den diesjährigen Chancen sagen?
Von Uz Rieger
12.12.2021, 19:54
Von Uz Rieger
Weisse Weihnachten sind im kollektiven Gedächtnis so fest verankert wie die Ostereiersuche im frischen Frühlingsgras. Und angesichts der derzeitigen Schneelage dürfte bei vielen die Hoffnung aufkeimen, dass Häuser, Bäume und Strassen zum Fest endlich mal wieder einen dämpfenden Zuckerguss erhalten und ein familiärer Spaziergang in der Schneelandschaft drin ist.
Das hartnäckige Bild vom Fest mit viel Schnee ist jedoch trügerisch. So sahen Meteorologen im letzten Jahr noch kurz vor Heiligabend gute Chancen für weisse Weihnachten. Dann blieb der Schnee im Mittelland aber weitgehend aus. Es war – wie so häufig – nur wenige Grad zu warm. Und grössere Mengen der weissen Pracht sah das Flachland zu Weihnachten ohnehin letztmals im Jahr 2010, wie der Meteorologe Mladen Marijanovic von Meteonews auf Nachfrage sagt.
Tatsächlich müssen zwei Faktoren zusammentreffen, dass sich entsprechendes Wetter einstellt, wie Stephan Bader von Meteoschweiz dem Portal Fokus erklärte. Es brauche «einen Vorstoss von feuchtkalter Luft aus Norden/Nordwesten kurz vor Weihnachten, ohne darauffolgenden Warmlufteinbruch». Doch gerade solche Warmlufteinbrüche sind in der zweiten Dezemberhälfte aufgrund von Tiefdruckgebieten über dem Atlantik so häufig, dass man dann auch vom sogenannten Weihnachtstauwetter spricht.
In 60 Prozent der Jahre im Mittelland keine weisse Weihnacht
Das Phänomen spiegelt sich in der Datenerhebung von Meteoschweiz wider. Demnach lag «seit dem Jahr 1931 im zentralen und östlichen Mittelland der Schweiz in 60 Prozent der Jahre kein Schnee an den Weihnachtstagen». In der West- und Nordwestschweiz sei es sogar bei drei Viertel der Jahre über die Weihnachtstage grün geblieben.
Geklagt wurde laut dem Wetterdienst obendrein schon vor rund 100 Jahren über zu warme und entsprechend schneefreie Weihnachtstage. In Witterungsaufzeichnungen aus dem Kanton Luzern der Jahre 1911 bis 1914 hiess es demnach: «Echte Winterkälte und Schneeherrschaft sind dem Christmonat seit einigen Jahren fast unbekannte Dinge geworden. Kein Weihnachtsgedicht, das von Kälte, Schnee und Eis redet, wollte mehr passen.»
Und was bereits damals galt, dürfte in Zeiten des Klimawandels noch zunehmen. Gemeinsame Untersuchungen von Meteoschweiz, der österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und dem des Deutschen Wetterdienst (DWD) aus dem letzten Jahr zeigen, dass die Winter in allen drei Ländern langfristig in allen Höhenlagen wärmer wurden. Und dieser Trend setze sich in Zukunft «mit grosser Wahrscheinlichkeit fort».
Schneesicheres Davos
Nichtsdestotrotz kann man gerade in der Schweiz recht gut sicherstellen, dass man die Festtage im Schnee verbringt. Und zwar, wenn man sich in höhere Lagen aufmacht. So erlebt man in Davos auf 1600 Meter Höhe «den Traum von wirklich weissen Weihnachten eigentlich jedes Jahr», schreibt Meteoschweiz. Seit 1931 habe es hier lediglich im Jahr 2016 enttäuschend wenig geschneit.
Auch im deutlich tiefer gelegenen Messstandort Einsiedeln auf rund 900 Meter Höhe sei es an Weihnachten seit Messbeginn in nur wenigen Jahren schneefrei geblieben. Allerdings mit einer «Häufung von grünen Weihnachtstagen in den letzten Jahren».
Ob es in diesem Jahr für weisse Weihnachten bis ins Mittelland reichen wird, konnte Meteonews-Meteorologe Marijanovic noch nicht sagen. Dazu sei es noch bedeutend zu früh. «Prognosen sind hier wohl erst rund eine Woche vor dem Fest möglich», so Marijanovic.
«Der Christbaum kommt zum Blühen»
Immerhin macht aber Wetterschmöcker Karl Hediger Hoffnung für diesen Dezember: «Es wird (sage es zwar nicht gerne) Badehosenwetter herrschen bis um Mitte herum. Dann folgt immer kühleres und sehr windiges Winterwetter, es kommen sehr grosse Schneemengen, teils bis ‹appä› Heiligabend sehr kalt», schreibt er in den Mitteilungen der Innerschwyzer Wetterpropheten.
Seine Prognose wird von Wetterschmöcker-Kollege Martin Holdener an gleicher Stelle jedoch sofort in Zweifel gezogen. «Die ersten zehn Tage Regen, warm. Nachher schönes, zum Teil mit Föhn, sonniges Adventwetter. Weihnachten grün, der Christbaum kommt zum Blühen», schreibt Holdener.